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 32. Tag: Alto do Poio - Portomarin

 Datum  km  Σ Km  Hm  Σ Hm  Übernachtung
 27.09.2016  62  2.759  632  21.548  Albergue Villamartin

 

Als mir der Gastwirt des Hostals Santa Maria do Poio am Morgen die Garage aufschloss und mein Rad gab, war es noch reichlich frisch. Warm angezogen wartete ich darauf, dass die Sonne den über die Straße ziehenden Nebel endlich vertrieb. 20 Minuten später machte ich mich dann trotz immer noch vorhandener Wolken langsam auf den Weg.

Bei dem Nebel mit Brille zu fahren, war schon eine Herausforderung, es dauerte nicht lange, da befand sich die Brille in der Lenkertasche. Bei nur 0,5 Dioptrin Sehschwäche war das kein Problem.

850 Höhemeter radelte ich bis in den kleinen Ort Samos hinab, dort gab es ein großes Kloster, das wollte ich mir zumindest von außen ansehen. Auf der Abfahrt sah und hörte ich sehr viele Pilger, der schmale Fußweg verlief häufig direkt an der Straße entlang.

Das Kloster war schon imposant auszusehen. Erfreulich war auch, das bis Sarria  nur 200 Höhenmeter zu bewältigen waren. Mehr als die Hälfte des Tagespensums waren in Sarria bereits geschafft, als ich dort im Cafe der Pilgerherberge „Albergue Credential“ überlegte, wie es an dem Tag weitergehen sollte. Von der Zeitplanung her hätte ich in Sarria bleiben können, bei dem was ich bisher aber vom Ort  gesehen hatte, fand ich ihn schrecklich. Nein, dort wollte ich nicht bleiben, also entschloss ich mich weiter, bis Portomarin zu fahren.

Sarria ist bei vielen Pilgern deshalb bekannt, weil von dort bis Santiago nur noch gut 100 km zu bewältigen sind. Für den Erhalt der Compostela im Pilgerbüro in Santiago hat ein Fußpilger nur 100 km an Nachweis zu führen, so erklärt sich auch, warum es in Sarria alleine 16 Pilgerherbergen gibt. Ab dort sieht man viele Gruppen, die erst in Sarria starten, ihr Gepäck teilweise bis zur nächsten Herberge transportieren lassen, halt wandern gehen. Welche Verbindung da noch zu der ursprünglichen Intention „seinen Weg zu gehen“ bestand, war mir schleierhaft..

Auf dem weiteren Weg sah ich dann hier und da schon mal Pilger mit dem Bus fahren oder sie stiegen in ein Taxi und fuhren damit bis zur nächsten Herberge. Selbstverständlich holten diese Zeitgenossen sich als Erstes einen Stempel für ihr Credential, denn man hatte ja eine tolle Leistung vollbracht und war Taxi oder Bus gefahren.

Mir sollte es egal sein! Ich kurbelte weiter in Richtung Portomarin, bis dahin waren es noch 25 km mit 400 Höhenmetern und freute mich, dass ich dem großen Ziel immer näher kam.

Die letzte Abfahrt nach Portomarin war ein Genuss, zweimal ging es über große Brücken hinüber über Encoro de Belesar. Interessante Fotos konnte ich dort machen, weil der Wasserstand sehr niedrig und die abgeschliffenen Felsen zu sehen waren.

Bei meiner Ankunft in Portomarin radelte ich noch bis in den Ort hoch und entschied mich für die Herberge Villamartin. Die Herberge ist gleichzeitig auch Hotel, das Hotel war mir mit 50€ aber deutlich zu teuer, als entschied ich mich für ein Bett in der Herberge, die für 10 € ganz ok war. 6 Betten im Zimmer war auch eine akzeptable Größenordnung, bei der es nicht zu viel Unruhe nachts gab, aber meistens schlief ich nach der körperlichen Anstrengung ohnehin wie ein Murmeltier durch.

Meine Reise ging langsam dem Ende zu. 2.759 km hatte ich bereits auf dem Tacho stehen und bis Santiago waren es nur noch 95 km, die in zwei Tagen leicht zu bewältigen sind.

Am Nachmittag wurde das Wetter noch richtig schön, die Sonne kam raus und es machte Spaß in den Café/Restaurants einen Kaffee oder später eine Glas Vino Tinto zu genießen.

Zur üblichen Essenszeit am Abend änderte sich das dann, es wurde richtig voll. Die Erklärung war einfach, die „100 km-Pilger“ erreichten natürlich alle nach 25 km ihr erstes Etappenziel. Da wurde gegrölt und viel getrunken, selbst auf die Leistung, Taxi- oder Bus gefahren zu sein, wurden die Gläser gehoben. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus und mir kam der Gedanke, was wollen die alle hier? Ich dachte immer, dass zum Camino Frances ein „sich selbst quälen können“ dazu gehörte, was sollte dieser Selbstbetrug?

Irgendwann hielten meine Ohren das nicht mehr aus, da lag es nahe, zur Pilgerherberge zu laufen und auf die Matratze zu gehen.

 


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