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 08.Tag: Über Espalion und Estaing nach Entraygues

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
22.09.2010 59 414 500 3015 Camping Le Val de Saurés

 

Als wir morgens um 09:30 Uhr den Platz verließen, war das Wetter wieder herrlich. Keine drückende Hitze,  die Luft war klar und auf dem Platz herrschte mangels Gästen eine himmlische Ruhe. Ein paar kaum wahrnehmbare Geräusche erreichten uns aus der nahen Innenstadt, ansonsten nichts. Es mag etwas komisch klingen, aber wir fühlten uns fast wie Diebe, als wir vom Platz fuhren, ohne einen Euro zu bezahlen. Mehrmals drehten wir uns immer wieder zur Rezeption um, aber es war niemand da. Mussten wir wirklich nichts bezahlen? Hatten wir den Mann gestern richtig verstanden? Vielleicht war das ja nur der Gärtner gewesen! Nein, wir hatten wohl richtig gehört.

Wir radelten durch die noch ruhige Innenstadt, überquerten die Pont St. Geniez und verließen den Ort, der D19 folgend in westlicher Richtung. Ungefähr 3 km hinter St.Geniez D´Olt nahm der aufgestaute Fluss Lot erheblich an Breite zu, er sah aus wie ein See und war sehr schön anzusehen. Ein kurzes Stück weiter entfernte sich die Straße immer mehr vom Fluss und stieg  merklich  an. Auf dem nachfolgenden Tagesprofil erkennt man, das wir nun 250 Höhenmeter hinauf mussten. Wäre das geschafft, könnten wir die danach folgenden Kilometer mit überwiegendem Gefälle bis ins Ziel radeln.


Wir vermuteten den höchsten Punkt im kleinen Ort Condamine, er liegt tatsächlich aber dort, wo die Straße D19 endet und in  die Straßen D141 und D557 verzweigt. Gut eine Stunde kurbelten wir die Räder in einem geringen Tempo hinauf, bis wir kurz vor der oben beschriebenen höchsten Stelle auf ein Bar trafen. Die meisten Höhenmeter des Tages waren damit bereits geschafft.

Der „Wachhund“ der Bar war natürlich gleich zur Stelle, wedelte mit dem Schwanz, bellte aber so vorsichtig, dass wir annahmen, er würde selber nicht genau wissen,  ob er uns nun verjagen oder begrüßen sollte. Wenig später kam die „Chefin“ ums Haus gelaufen, freute sich sichtlich über die Gäste und wies ihren „Wadenbeißer“ in die Schranken. Wir bestellten etwas zu trinken, hielten uns dort aber nur kurz auf. Die folgende Aufnahme des GPS-Gerätes zeigt den am höchsten Punkt gelegenen Straßenabzweig. Ab dort ging es an dem Tag fast nur noch bergab. Auf der Abfahrt in das kleine Örtchen Saint-Come-D´Olt gab es immer wieder schöne Ausblicke auf den in diesem Bereich aufgestauten Fluss Lot.

Saint-Come-D´Olt war wie ausgestorben, als wir dort eintrafen. Wir machten ein paar Fotos, liefen kurz zur Lot-Brücke, radelten dann aber weiter. Der Ort wirkte recht hübsch, aber eine Bar oder Restauration sahen wir im Ort auch nicht, sonst hätten wir dort etwas trinken können. Bis Espalion, dem nächsten etwas größeren Ort waren ja nur noch 3-4 km zu radeln, insofern war uns die fehlende Möglichkeit zur Pause in Saint-Come-D´Olt egal.

In Espalion gibt es neben einer Touristeninformation einige Hotels und Restaurants, obwohl der Ort nur ca. 4500 Einwohner zählt. Im Ortskern gibt es darüber hinaus eine Pilgerherberge sowie mehrere Gite d´etape, die Via Podensis (Jakobsweg) trifft hier auf den Ort und führt lotabwärts weiter nach Estaing. Espalion ist ein regionales Zentrum im oberen Lot Tal. Mit den alten Gerberhäusern und einer schönen gotischen Brücke besitzt der Ort ein sehr ursprüngliches Stadtbild. Auf eine Besonderheit trafen wir noch im Ort. Die ehemalige Kirche Saint-Jean, die 1883 entweiht wurde, diente lange Zeit als Rathaus, bevor sie 1978 restauriert wurde. Seitdem beherbergt sie ein Heimatmuseum. Auffallend ist das direkt vor dem Museum stehende Tauchgerät. Es soll an den aus Espalion stammenden Erfinder Rouquavrol-Denavrouze erinnern. Das Tauchgerät soll Vorläufer des heutigen Lungenautomaten sein.

Wir hatten etwas mehr als die Hälfte der Tageskilometer absolviert, als wir uns wieder auf den Weg machten, die letzten  gut 27 km unter die Räder zu nehmen. Die restliche Strecke ging tendenziell so gut wie nur bergab, Zeit hatten wir an dem Nachmittag auch noch genug. Einen weiteren Halt hatten wir noch nach zehn  Kilometern in Estaing.

Der Ursprung des Ortes Estaing ist wohl unbekannt. Das Zentrum des recht kleinen Ortes (gut 600 Einwohner), das man bei der Ankunft nicht übersehen kann, bildet das Schloss (15. Jahrhundert) der Familie d´Estaing. Guilaume d´Estaing war mit dem englischen König Richard Löwenherz auf dem dritten Kreuzzug. Ein weiterer Dieudonné d´Estaing konnte Phillipp II. in der Schlacht von Bouvines das Leben retten. Dafür durfte er die königlichen Lillien in seinem Wappen führen. Während der Französischen Revolution setzte sich Charles-Hector Graf von Estaing für die königliche Familie ein. Er wurde festgenommen und sagte im Prozess gegen die Königin aus. Daraufhin wurde er selbst zum Tode verurteilt. Die Familie Estaing starb im 18. Jahrhundert aus, ihr Titel wurde jedoch 1922 von Edmont Giscard gekauft. Dessen Sohn Valéry Giscard d´Estaing, früherer französischer Staatspräsident, hat das Schloss 2005 mit seinem Bruder erworben und baut es derzeit zu einem Konferenzzentrum um.

In Estaing gibt es wie schon in Espalion mehrere Unterkünfte. Die Via Podensis (Jakobsweg) führt von hier aus noch weiter bis nach Cahors. Uns gefiel der kleine Ort. Wir schoben unsere Räder ein wenig durch die Gassen, kehrten dann  in einem Cafe ein und beobachteten ein wenig das Treiben im Ort. Auf der weiteren Strecke von Estaing bis in unseren Zielort Entraygues war Claudia vor Begeisterung nicht zu halten.  Der Lot und gleichzeitig unsere Straße verloren auf dem Teilstück etwa 100 m an Höhe über NN, so dass wir kaum treten mussten. Einen kurzen Stopp gab es noch an einer kleinen Kapelle. Ich lief die wenigen Stufen kurz hinunter, kehrte aber sofort um, weil die Eingangstür verschlossen war. Der Campingplatz „Valles de Saures in Entraygues gefiel uns gut. Wir bevorzugten kleine saubere Plätze, genau das war hier der Fall. Am späten Nachmittag und Abend radelten wir noch ein wenig durch den Ort, aßen eine Kleinigkeit, fotografierten hier und dort, ließen es aber ruhig angehen. Es war ein gelungener Tag, was hatten wir nicht wieder alles gesehen?

 


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