A  l  p  e  n  r  a  d  t  o  u  r  e  n  .  d  e

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  Daten / Vorbemerkung

 Zeitraum

 Σ Distanz

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Presse

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 08.06.2012 - 05.07.2012

2.082 km

 14.600 Hm

 

 Datum  km  Σ Km  Hm  Σ Hm Tour  Übernachtung
 08.06.2012 131 131  200 200 Dorsten - Köln Camping Berger
 09.06.2012 109 240 150 350 Köln - Brey Camping Brey
 10.06.2012 135 375 150 500 Brey - Worms Gasthof Max und Moritz
 11.06.2012 125 500 200 700 Worms - Mosbach Camping Mosbacg
 12.06.2012 103 603 300 1.000 Mosbach - Stuttgart Camping Stuttgart
 13.06.2012 125 728 500 1.500 Stuttgart - Dietenheim  Camping Illertissen
 14.06.2012 101 829 500 2.000 Dietenheim - Bühl am Alpsee Camping Bühl
 15.06.2012 0 829 0 2.000 Pausentag Am Alpsee Camping Bühl
 16.06.2012 80 909 1.000 3.000 Bühl am Alpsee - Au Camping Au
 17.06.2012 76 985 1.400 4.400 Au - Landeck Camping Landeck
 18.06.2012 80 1.065 1.100 5.500 Landeck - Mals Camping Mals
 19.06.2012 64 1.129 1.900 7.400 Mals - Valdisotto Camping Valdisotto
 20.06.2012 57 1.186 1.200 8.600 Valdisotto - Edolo Camping Edolo
 21.06.2012 142 1.328 300 8.900 Edolo -Sirmione Camping Sirmione
 22.06.2012 10  1.338  8.900 Pausentag in Sirmione Camping Sirmione
 23.06.2012 126 1.464 200 9.100 Sirmione - Modena Camping Modena
 24.06.2012 86 1.550  1.300 10.400 Modena - Pievepelago Camping Pievepelago
 25.06.2012 103 1,653 900 11.300 Pievepelago - Pisa Campiing Pisa
 26.06.2012 87 1.740 700 12.000 Pisa - San Gimignano Camping San Gimignano
 27.06.2012 50  1.790 400 12.400 San Gimignano - Siena Camping Siena
 28.06.2012 5 1.795 100 12.500 Pausentag in Siena Camping Siena
 29.06.2012 63 1.858 500 13.000 Siena - San Quirico d´Orcia Unterkunft auf Bauernhof
 30.06.2012 68  1.926 700 13.700 San Quirico d´Orcia - Bolsena Camping Bolsena
 01.07.2012 85 2.011  600 14.300 Bolsena - Lago Bracciano Camping Lago Bracciano
 02.07.2012 56 2.067 200  14.500 Lago di Bracciano - Rom Camping Rom

 03.07.2012-
 05.07.2012

15 2.082 100 14.600 Aufenthalt in Rom Camping Rom

   

Eine Frage, die hätte überall gestellt werden können, mich traf sie etwas unvorbereitet im Süden Deutschlands am 6. Tag meiner Tour. Warum fahren sie eigentlich mit dem Rad nach Rom? Warum radeln sie nicht wo anders hin? Die Tonlage enthielt keine Kritik, hier interessierte sich plötzlich jemand für meine Tour. Meine Antwort fiel etwas kurz aus, ich erwähnte meine vielen anderen Radreisen und das ich immer auf der Suche nach neuen Zielen wäre, jetzt wäre halt Rom das Ziel.

Wieder auf dem Rad, dachte ich über meine Antwort nach. Rom war eigentlich nicht das Ziel, sondern nur der Endpunkt meiner Reise. Die von mir sorgfältig geplante Strecke war das Ziel, die unterschiedlichen Landschaften, die vielen kleinen Orte, die menschlichen Kontakte. Bereits Monate vor dem Start hatte ich mit der Planung  begonnen, GPS Tracks der verschiedenen Radwege an Rhein, Neckar, Fils und Iller mit einer Strecke über die Alpen kombiniert. Vom Gardasee aus sollte es dann durch die Po-Ebene bis an den Fuß der Apenninen gehen. Verschiedene Wege über die Apenninen nach Luca und Pisa hatte ich im Internet studiert, mich letztendlich für die Route über den Colle dela Radici entschieden. Die Wahl der Orte in der Toskana fiel schwer, zu viele tolle Möglichkeiten bot diese herrliche Region. Lucca, Pisa, San Gimignano und Siena waren Stationen auf meiner Tour, die unvergessliche Eindrücke versprachen.

  


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 01.Tag: Die ersten 131 km bis Köln - Rodenkirchen

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
08.06.2012 131 131 200 200 Camping

 

In Nordrhein-Westfalen gibt es eine vorherrschende Windrichtung, meist bläst der Wind aus Südwest, so auch gleich am ersten Tag der Tour. Über 131 km mit viel Gegenwind bis nach Köln-Rodenkirchen zu radeln, war alles andere als leicht. Ein wenig musste ich mich erst wieder an den nachlaufenden Hänger gewöhnen, gleichzeitig bremste der Wind kontinuierlich von vorn. Der frühe Start um 06:45 Uhr erwies sich als ideal, um am Starttag nicht gleich in Zeitdruck zu geraten. Irgendwie war es spannend, von zu Hause aus zu starten. Weit mehr als 2000 km Radstrecke lagen vor mir und dennoch machte mich das nicht nervös. Klar stellte man sich die Frage, ob unterwegs Schwierigkeiten zu erwarten waren, ich war aber guter Dinge, freute mich auf die Tour und stieg motiviert aufs Rad.

Die Fahrt ging zunächst bei gutem Wetter auf bekannten Wegen über Kirchhellen-Grafenwald nach Oberhausen-Königshardt. Dort schwenkte ich auf die alte HOAG Bahntrasse in Richtung Duisburg. Es war dort sehr ruhig. Ein paar Frühaufsteher waren mit ihren Hunden unterwegs, ansonsten sah ich niemanden. Bei meiner Ankunft in der Duisburg Innenstadt traf ich wieder auf bekanntes Terrain. 9 Jahre meines Berufslebens hatte ich dort in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof verbracht.  Für einen Besuch der Kollegen fehlte die Zeit, es war zwar erst 09:00 Uhr, ich hatte jedoch noch an dem Tag knapp 100 km zu radeln.

In der Innenstadt kaufte ich mir zwei Brötchen, radelte dann aber zügig hinter dem Duisburger Hauptbahnhof in Richtung Wedau. Sehr schnell stand ich mit dem Rad im Grünen. An den Seen entlang zu radeln, gefiel mir sehr gut, zumal außer ein paar Joggern morgens kaum jemand unterwegs war. Es gab sie tatsächlich die Ruhrpott-Idylle, so konnte es auf meiner Tour weitergehen. Westlich vom Düsseldorfer Flughafen in Düsseldorf- Lohhausen kam ich an den Rhein. An einigen Bootsrestaurants vorbei führte die Strecke zum Fernmeldeturm in unmittelbarer Nähe des Landtages. Auf dem Fluss tuckerten ein paar Schiffe stromaufwärts,  am Ufer liefen ein paar Touristen mit Fotoapparaten umher, die Großstadt Düsseldorf war wohl noch nicht zu vollem Leben erwacht.

Am Düsseldorfer Landtag drückte ich meine Kamera einer jungen Frau in die Hand, die netterweise das nachstehende Foto machte. Im Bereich des Stadtteils Düsseldorf Volmerswerth macht der Rhein flussaufwärts betrachtet einen Bogen nach Osten. Dort führt die Autobahn A46 über den Rhein nach Neuss.  Auf der Autobahnbrücke gibt es hinter der Leitplanke eine breite Spur für Radler,  um auf die andere Rheinseite nach Süden zu gelangen. Dort erwischte mich der Wind allerdings frontal von vorn. Auf der südlichen Seite war ich froh, den nicht ungefährlichen Windböen unbeschadet entronnen zu sein.

Um ca. 13:00 Uhr erreichte ich nach 92 Rad-km den kleinen alten Ort Zons. Auf den mittelalterlichen Ort möchte ich hier in meinem Bericht nicht weiter eingehen. Nähere Informationen über die interessante Geschichte der ehemaligen Feste Zons finden Interessierte auf der Internetseite www.zons-geschichte.de . Für mich wurde es Zeit eine Mittagspause einzulegen, der Magen knurrte und es war sicherlich sinnvoll, meinem Körper mal etwas zur Verbrennung zuzuführen. Im Ort schaute ich mir nach der Mittagspause noch die kleinen Gassen mit der Stadtmauer und eine alte Mühle an, danach ging es auf dem Rheindeich weiter.

Vor Köln wurde die Strecke weniger attraktiv, weil sie um die Ford Werke und andere Industrieanlagen herumführte. Hinter den Werken verlief sie aber wieder am Rhein. Köln erreichte ich bei Sonnenschein, allerdings war es nicht so leicht, sich mit dem Gespann zwischen den vielen Fußgängern hindurch zu schlängeln. Auf dem nachstehenden Foto sieht man die drei Kranhäuser von Köln. Sie wurden im Jahr 2006 erbaut und sollen an Kräne erinnern, die dort früher mal standen. Nach einigen Fotos und einem Gespräch mit einem Mountainbiker, der sich für meine Tour  interessierte, war es nach wenigen Kilometern geschafft.

Der Campingplatz Berger befindet sich wenige Kilometer südlich von Köln. Er ist sehr schön und liegt in ruhiger Lage direkt am Rhein. Der Übernachtungspreis in Höhe von 10 Euro war ebenfalls sehr akzeptabel.

Draußen vor dem Restaurant verbrachte ich den Abend und schrieb die ersten Zeilen in mein Tagebuch. Zum ersten Mal hatte ich auf meiner Tour einen 1,4 kg wiegenden 12 Zoll Netbook dabei. Die Kombination mit dem Iphone ermöglichte mir,  im Internet zu surfen, Berichte zu schreiben und die Fotos zu sichern. Tagsüber erlaubte ich mir auf der gesamten Tour nach Rom ein bis drei Fotos pro Tag auf die Internetplattform Facebook hochzuladen. So hielt ich den Kontakt zu meiner Familie und Freunden.

Hin und wieder gab es auch mal einen Blick auf einen der großen Flachbildschirme. Die meisten Gäste sahen sich das Eröffnungspiel der Europameisterschaft 2012 an.


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 02.Tag: Am Deutschen Eck in Koblenz

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
09.06.2012 109 240 150 350 Camping

 

Mir gefiel es, früh auf den Beinen zu sein. Ohne Frühstück saß ich bereits um 07:15 Uhr auf meinem alten treuen Rad und radelte nah am Rhein entlang. Die Morgenstimmung tat gut, ich ließ die Seele baumeln, freute mich hier und da über einen Jogger,  der freundlich grüßte und trat frohen Mutes in die Pedale. Wenige Kilometer weiter fand ich ein Cafe, dort konnte ich das fehlende Frühstück nachholen, danach ging es weiter in Richtung Bonn. Mein Tagesziel Brey lag knapp 10 km südlich von Koblenz, etwa 109 Tageskilometer vom Startort entfernt. Der Wind kam, wie schon am Tag zuvor, immer aus südwestlicher Richtung und blies damit immer von vorn. Es konnte nicht schaden, gegen den Wind zu radeln, eine Trainingseinheit mehr auf dem langen Weg nach Rom.

In Godorf musste ich kurz auf einen Radweg entlang einer Hauptstraße schwenken, hinter dem zu umfahrenden Industriegebiet bei Köln-Wesseling gab es aber wieder Idylle pur.

Wesseling-Urfeld besaß eine eigene Geschichte, die ich auf einer Hinweistafel fand.  „Unvergessen bleibt in Wesseling-Urfeld das Hochwasser des Jahres 1926. Die Wassermassen zerstörten Häuser, Straßen, Gärten und Felder. Ein überaus trauriges Bild. Noch heute orientieren sich die Deiche am Hochwasserstand von damals: Die Oberkante des 1992 fertig gestellten Schutzdeiches Wesseling-Urfeld liegt bei 51,80 Metern über NN – genau einen Meter über der Hochwassermarke von 1926.

Mit dem Weihnachtshochwasser 1996/97 wurde die Rekordmarke von 1926 noch einmal erreicht. Doch verhinderte diesmal der neue Deich die Überflutung von Wesseling-Urfeld.“ Darüber hinaus sah ich auf einer zweiten Tafel einen Hinweis auf den „Erlebnisweg Rheinschiene“. Auf ihm war ich wohl schon seit Duisburg unterwegs. Weiter in Richtung Bonn traf ich in Höhe der Sieg-Mündung schon wieder auf eine Tafel. Sie erzählte in Kurzform eine Geschichte über die „Paffenmütze“:

Das Kemper Werth, früher auch Pfaffenmütze genannt, ist eine Landzunge zwischen dem Rhein und der in den Rhein mündenden Sieg. Im Jahr 1620 waren der Geschichte nach niederländische Truppen wohl bis nach Bonn vorgedrungen. Um vormarschierende spanische Truppen aufzuhalten, hatten die Niederländer auf der Kemper Werth eine Festungsanlage errichtet, deren Form an eine Pfaffenmütze erinnerte. Die knapp 3000 Soldaten der Festung forderten hohe Abgaben von den umliegenden Dörfern und brandschatzten und terrorisierten die Bevölkerung. Sie hatte in jener Zeit wohl einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Heute ist von der früheren Festung nichts mehr zu sehen.

Sehr viele Radler kamen mir an dem Tag mit ihren Rädern entgegen, die meisten fuhren wohl stromabwärts und hatten ein kürzeres Ziel. In Bonn ging es lange Zeit durch die Parkanlagen im Umfeld des alten Bundestages. Mein Blick fiel eine Zeit lang auf die andere Rheinseite, hoch oben auf dem Petersberg war das Steigenberger Hotel zu sehen. Wie viele Politiker mochten dort in den vergangenen Jahrzehnten wohl übernachtet haben? An der Mehlemer Rheinfähre direkt gegenüber von Königswinter gab es eine kurze Pause. Mein Hänger schien wie ein Magnet zu wirken. Das Schild „Dorsten–Rom“ führte zu ständigen Fragen wie: „Wollen sie tatsächlich nach Rom?“ Schön, alleine unterwegs würde es an Kommunikation nicht mangeln.

Die wenigen Kilometer bis nach Remagen waren schnell geradelt. Irgendwie war es ein Tag der Geschichte. Das Friedensmuseum Brücke Remagen war der nächste geschichtsträchtige Ort. Über Bad Breisig und Andernach erreichte ich dann ziemlich schnell die Vororte von Koblenz. An Sehenswürdigkeiten hatte Koblenz sicherlich mehr zu bieten als das Deutsche Eck, ich beschränkt mich aber darauf. Zuvor hatte ich noch einen Jogger überholt, der von seiner Frau auf dem Rad begleitet über die Moselbrücke lief. Am Deutschen Eck sah ich, dass sie zu einer Gruppe gehörten, mit denen ich mich dann eine ganze Zeit unterhielt. Sie liefen in Etappen längs durch Deutschland und wechselten sich dabei gegenseitig ab.

Die Strecke auf den letzten 10 Kilometern bis Brey war wunderschön. Der Campingplatz in Brey war nicht so komfortabel wie der Platz in Köln-Rodenkirchen, für eine Nacht aber noch o.k. An dem Abend spielte Deutschland im ersten EM Spiel gegen Portugal, welches  Deutschland mit 1:0 gewann.

 

 


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 03.Tag: Von Brey nach Rheindürkheim (Worms)

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
10.06.2012 135 375 150 500 Gasthof Max und Moritz

 

Die Startzeit hatte sich auf 07:00 Uhr eingependelt. Ich wurde mit Sonnenaufgang wach, war ausgeruht und hatte bis ca. 6:15 Uhr geschlafen. Die paar Kilometer bis Boppard waren in der herrlichen Morgenluft schnell geradelt. Es war Sonntag und kaum eine Menschenseele zu sehen. Um 08:00 Uhr frühstückte ich direkt in der Innenstadt in der Bäckerei Nickenig, die ersten Frühaufsteher holten gerade ihre Brötchen. Auf der weiteren Fahrt über St. Goar und Trechtinghausen erkannte ich erstmals einiges von unserer Radtour im Jahr 1985 wieder. Damals waren meine Frau und ich von Bonn aus bis nach Lindau am Bodensee geradelt. Der Campingplatz in Trechtinghausen und die hoch um Fels liegende Burg Reichenstein waren mir in Erinnerung geblieben.

Wenige Kilometer vor Bacharach traf ich in Höhe des auf der anderen Rheinseite liegenden Ortes Kaub auf „Die Pfalz“. Kaum zu übersehen, liegt die Burg mitten im Rhein. Der Begriff „Die Pfalz“ ist die Kurzform für die Burg Pfalz Grafenstein, die im 14. Jahrhundert auf einer Felsinsel erbaut wurde. Die Burg wurde nicht wie viele Burgen zu Wohnzwecken errichtet, sondern zur Sicherung der Zolleinnahmen. Da linksrheinisch bis in die Neuzeit Felsblöcke in Höhe der Pfalz die Durchfahrt versperrten, führte der gesamte Schiffsverkehr zwischen der Pfalz und der Stadt Kaub hindurch.  So lies sich durch die Enge bedingt der gesamte Schiffsverkehr hervorragend kontrollieren.

Der Radweg in Richtung Bingen lies sich wunderbar zügig radeln. Zwischendurch begleitete mich ein 73 Jahre alter Radler aus Dresden, der sich von mir aber an der Nahemündung in Bingen verabschiedete.

Vor Bingen macht der Rhein einen Bogen, so dass er mehrere Kilometer von Ost nach West fließt. Bei einem Blick nach Norden sieht man von Bingen aus dass oberhalb von Rüdesheim hoch auf dem Berg liegende Niederwald Denkmal. Die Statue des im Jahr 1871 erbauten Denkmals ist 38 m hoch. Jedes Jahr pilgern wohl tausende Touristen zum Denkmal, um der Gründung des neuen Deutschen Reiches unmittelbar nach dem Deutsch-Französischen Krieg zu gedenken. Im Jahr 1870/1871 hatte Deutschland den Sieg über Frankreich errungen und das Deutsche Kaiserreich gegründet. Den Grundstein des Denkmals legte am 16. September 1871 Wilhelm Friedrich Ludwig (Kaiser Wilhelm der Große). Das Monument ist Sinnbild des Zusammenschlusses aller deutschen Volksstämme. Nach einer Bauzeit von 6 Jahren und einem Kostenaufwand von über einer Million Goldmark war das Denkmal fertiggestellt. Die 10,5 Meter hohe und 32 Tonnen schwere Figur der Germania hält in der rechten Hand stolz die wiedererworbene Kaiserkrone hoch. Mit der linken Hand stützt sie sich selbstbewusst auf das Reichsschwert. Von alledem konnte ich von Bingen aus wenig sehen, weil das Denkmal zwecks Restauration vollständig eingerüstet und mit Tuch verhangen war.

Zwischen Bingen und Mainz führte der Radweg teilweise kilometerlang durch Wiesen und Schrebergartensiedlungen, in dem Ausmaß hatte ich so eine Aneinanderreihung noch nicht gesehen. Auch am Sonntag wurde dort fleißig Unkraut gezupft und Ordnung geschaffen. In Mainz störte kurzfristig ein Industriegebiet und eine lange Hauptstraße mit vielen Ampeln, die Streckenführung war aber ansonsten überwiegend schön. Auf meinem weiteren Weg in Richtung Worms kam ich noch an dem kleinen Flugplatz von Oppenheim vorbei. Der Weg war auf diesem Streckenabschnitt nicht asphaltiert, so dass ich auf den letzten Kilometern des Tages noch reichlich durchgerüttelt wurde.

Zu meiner Planung des Tages gehörte eigentlich, dass ich in Ibersheim auf einem Bauernhof übernachten wollte, das ging leider schief. Mangels Campingplatz im Umkreis von Worms hatte ich schon zu Hause nach einer Übernachtungsmöglichkeit in der Gegend um Worms gesucht und als Empfehlung von einem Freund den Bauernhof in Ibersheim genannt bekommen. Er war Monate zuvor in den Schwarzwald geradelt und hatte dort übernachtet. Bei meiner Ankunft war niemand da. Ich wartete fast eine Stunde, weil Nachbarn der Ansicht waren, dass gleich jemand käme, aber niemand erschien. Irgendwann wurde es mir zu unsicher und ich radelte weiter in den nächsten Ort. In Rheindürkheim klappte es zunächst auch nicht, weil am Gasthof Halbgewachs ebenfalls niemand anzutreffen war. Also weiter zum nächsten Gasthof „Max und Moritz“. Dort war zwar auch niemand vor Ort, auf einem Schild stand aber eine Telefonnummer. Der Anruf war dann die Lösung, der Gastwirt und seine Frau standen 10 Minuten später vor mir und zeigten mir im Anschluss das für 30 Euro sehr gut ausgestattete Zimmer.

Den Abend verbrachte ich draußen vor dem Gasthof „Zum Karpfen“, wohl der einzige in dem kleinen Ort. Das Essen war lecker, die Unterkunftssuche schon fast wieder vergessen, den Tag hatte ich doch noch zu einem positiven Abschluss gebracht.  

 


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 04.Tag: Ein Regenschauer in Heidelberg, auf ins Neckartal nach Mosbach

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
11.06.2012 125 500 200 700 Camping

 

Es war schon sehr nett, was der Herr Moritz bereits um 06:30 Uhr „zauberte“. Es schien ihm Spaß zu machen, mir ein Top Frühstück zu servieren. Mir gefiel es, an dem Morgen vom Chef selber versorgt zu werden. Ich unterhielt mich mit ihm eine Zeit lang über die fehlende Ausschilderung zu seinem Haus, auf dem Radweg an Rheindürkheim vorbei in Richtung Worms war kein Hinweis zu sehen. Man konnte doch keine Gäste gewinnen, wenn nicht erkennbar war, dass im Ort ein Hotel existierte. Er berichtete mir von seinem langjährigen Antrag und den Schwierigkeiten mit der Verwaltung bezüglich des Genehmigungsprozesses, bisher war der wohl nicht von Erfolg gekrönt. Satt und zufrieden stieg ich etwas später auf mein Rad und machte mich auf den Weg nach Worms.

Der Dom in Worms ist der kleinste der drei Kaiserdome am Rhein. Er ist steiler und schlanker erbaut worden als die Dome in Speyer und Mainz. Abgesehen von Umbauten in den Folgejahren, wurde er im Wesentlichen in den Jahren 1130 bis 1181 errichtet. Der Wormser Dom wurde auf dem höchsten Punkt der Wormser Innenstadt erbaut. Er ist das bedeutendste Bauwerk der Wormser Romanik und eng mit dem Namen des Bischofs Burchards und der Blütezeit der Wormser Stadtgeschichte im 12. Und 13. Jahrhundert verbunden. Große Ereignisse, die im Zusammenhang mit dem Dom standen, waren die Papstnominierung Leos IX im Jahr 1048, die Hochzeit Kaiser Friedrichs II im Jahr 1235 mit Isabella von England und der Reichstag zu Worms im Jahr 1521 auf dem sich Martin Luther vor Kaiser Karl V verantworten musste. Das Ergebnis war der Bruch in der abendländischen Kirche.

Während ich ein wenig durch die Innenstadt radelte, tröpfelte es immer mal wieder etwas, richtig unterstellen musste ich mich aber nicht. Ein weiteres Highlight des Ortes ist die Nibelungenbrücke, die allerdings nicht in ihrem vollen Glanz erstrahlte. Zum einen fehlte die Sonne, ein weiterer Grund waren riesige Umbaumaßnahmen, die im Bild störten.

Die Nibelungenbrücke verbindet die rheinland-pfälzische Stadt Worms über den Rhein mit den hessischen Städten Bürstadt und Lampertheim. Entgegen ihrem Erscheinungsbild ist die Brücke nicht wirklich alt.  Die erste feste Brücke über den Rhein war von 1900 bis 1945 die Ernst-Ludwig Brücke. Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Brücke wurde als Nibelungenbrücke in ihrer heutigen Form von 1951 bis 1953 wieder neu erbaut. Mit dem Nibelungenturm ist sie eine eindrucksvolle Sehenswürdigkeit von Worms. Aufgrund des immensen Verkehrsaufkommens wurde von 2005 bis 2008 parallel zur „alten“ eine neue Nibelungenbrücke errichtet. Die alte Brücke wurde aktuell saniert. Nach der Fertigstellung würden zwei Fahrstreifen über die alte Brücke in die Innenstadt und zwei Fahrstreifen über die neue Brücke aus Worms hinausführen. Die alte Brücke hatte mir optisch sehr gefallen, über die neue etwas schmucklose Brücke führte ein Radweg über den Rhein. Kurz hinter der Brücke verließ ich die stark befahrene Bundesstraße B47 und radelte nach Südosten in Richtung Lampertheim.

An der Autobahnbrücke der A6 tröpfelte es mal wieder leicht. Ich stellte mich eine kurze Zeit unter die Brücke, radelte dann aber zügig in Richtung Mannheim. Kurz vor Mannheim gibt es einen alten Rhein-Arm, über den eine Fähre führt. Leider fuhr die Fähre bei meiner Ankunft nicht, so dass ich ein Stück zurück und weiter bis Sandhofen radeln musste. Dort gab es südlich vom Ort eine Brücke, die mich zum Inselhafen von Mannheim führte. Genau dort hatte ich das Rheintal verlassen und war ins Neckartal geschwenkt. Nachstehend mal ein paar Fotos, die ich auf den 18 Kilometern bis Heidelberg gemacht habe. Im Neckartal im Bereich des Naturschutzgebietes „Unterer Neckar“ wurde es - wenn man von der Autobahnbrücke der A6 absieht - recht idyllisch.

Bei meiner Ankunft in Heidelberg regnete es in Strömen! Es war nicht kalt, in kurzer Hose zu fahren war problemlos möglich gewesen. Schuhüberzieher hielten die Füße einigermaßen trocken. In einem Cafe rettete ich mich für 30 Minuten, dann war der „Spuk“ vorbei, denn wenig später erschien zögerlich die Sonne. Ich liebe es, wenn die Sonne nach einem Regen den Himmel aufreißt! Auch wenn die Wetterlage an dem Tag nicht stabil bleiben würde, was war es doch schön, weiter ins Neckartal einzutauchen. Die Straßen dampften teilweise und die Luft wurde kurzzeitig wunderbar klar.

Immer dem schmalen Radweg folgend, radelte ich durch die kleineren Orte Ziegelhausen und Neckargemünd nach Neckarsteinach. Dort lag schon von weitem zu sehen, hoch oben die alte Mittelburg.

Die Mittelburg ist eine gut erhaltene und bewohnte mittelalterliche Burg. Sie ist die zweitälteste der vier Burgen Vorderburg, Mittelburg, Hinterburg und Schwalbennest. Sie wurde vermutlich um das Jahr 1165 von Conrad I. von Steinach erbaut und besaß in den vielen Folgejahren eine wechselhafte Geschichte. Rechtstreitigkeiten über die Eigentumsverhältnisse und mehrere Verpfändungen wurden in den Geschichtsbüchern dokumentiert. Mittelburg und Vorderburg gelangten beim Tode des letzten Freiherrn von Dorth im Jahr 1925 an den Sohn seines vor ihm verstorbenen Adoptivsohns Alexander Freiherr von Warsberg-Dorth, dessen Nachfolger die Burgen bis heute besitzen. Besichtigen konnte ich die Burg nicht, weil sie gegenwärtig bewohnt ist.

Weiter im Ort Neckarsteinach traf ich auf eine Tafel, die den Besuch des Schriftstellers Marc Twain dokumentiert. Am Ortsausgang von Neckarsteinach wechselt der Radweg an einer Schleuse die Flussseite. An der Stelle musste ich den Hänger vom Rad entfernen und alle Gepäckstücke einige Stufen hinauftragen. Auf der anderen Seite der Schleuse ging es dann entsprechend einige Stufen wieder hinab. Bis Neckargerach blieb es einigermaßen trocken. Ich radelte über Eberbach weiter am Neckar entlang, sah oberhalb von Zwingenberg das imposante Schloß Zwingenberg und erreichte noch gerade den Orteingang von Neckargerach. Dort brach ein Gewitter los, dass gewaltige Schleusen öffnete, eimerweise kam der Regen vom Himmel. Zunächst rettete ich mich kurz in eine Apotheke. Dort konnte ich natürlich nur eine begrenzte Zeit bleiben, Unterschlupf fand ich kurze Zeit später während einer kurzen Regenpause in einer überdachten Bushaltestelle.

Auf dem folgenden Foto sieht man, wie wechselhaft das Wetter an dem Tag war. Kaum waren die dicken Wolken verzogen, kam die Sonne hervor. An dem Abend saß ich auf dem Campingplatz in Neckarzimmern (bei Mosbach) in der Sonne und freute mich über die so tolle Tour. An den ersten 4 Tagen hatte ich bereits 500 Kilometer hinter mich gebracht. Den Neckarradweg konnte ich bereits auf den ersten Kilometern jedem empfehlen, es existierte dort noch sehr viel ursprüngliche Natur.

An dem Tag hatte ich unterwegs in einem kleinen Ort, dessen Name mir entfallen ist, noch eine Bekanntschaft gemacht, die sich rein zufällig ergab. Ein Feuerwehrmann war mit seiner Frau gerade dabei die Überbleibsel des Feuerwehrfestes aufzuräumen. Als er mich sah, kamen wir in ein nettes Gespräch. Er lud mich zu einer Apfelschorle ein, die ich, durstig wie ich war, gerne annahm. Solche netten Begegnungen waren es, die das Reiseradeln bereicherten.

Am darauffolgenden 5. Tag wollte ich über 100 km nach Stuttgart radeln, mal schauen, ob das Wetter hielt.

 


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 05.Tag: Idylle im Neckartal (Mosbach - Stuttgart)

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
12.06.2012 103 603 300 1000 Camping

 

Strahlender Sonnenschein empfing mich zu Beginn des 5. Tages meiner Tour.

Am südlichen Ortsausgang von Neckarzimmern wechselte ich im Bereich der Schleuse die Flussseite, was aufgrund der Treppen wieder nur mit der etwas umständlichen Gepäckabnahme möglich war. Das dauert insgesamt nur ca. 10 Minuten, insofern war das kein wirkliches Problem. Bis zur Kaiserpfalz Bad Wimpfen waren nur wenige Kilometer zu radeln, in der Morgensonne bei etwas Morgendunst ein herrliches Gefühl. Kurz vor Bad Wimpfen traf ich auf bekanntes Terrain. Am ersten Tag unserer Kocher / Jagst Radtour in 2007 hatte ich den Ort mit meiner Frau besucht.

Bad Wimpfen besitzt eine sehr alte Geschichte. Schon die Römer hatten sich im Jahre 90 n. Chr. dort niedergelassen und ein Kastell sowie eine Brücke über den Neckar gebaut. Jahrhunderte der Zerstörung (Alemannen und Ungarn) und des Wiederaufbaus begannen, bis Kaiser Friedrich I. Barbarossa im Jahr 1182 die staufische Kaiserpfalz begründete. In den folgenden 200 Jahren blühte die Stadt regelrecht auf. Eine rege Bautätigkeit setzte ein, in der der romanische Teil der Stadtkirche, ein Hospital und das Dominikanerkloster errichtet wurde. Höhepunkte der Kaiserpfalz waren die in den Jahren 1182 -1250 stattfindenden Besuche der Stauferkaiser Friedrich I. Barbarossa, Heinrich der VI und Friedrichs des II. Im 14. Jahrhundert wurde Bad Wimpfen freie Reichsstadt. Ein weitere Ausbau der Stadtbefestigung mit Wallanlagen, Schutztürme und Toren fand im 15. und 16. Jahrhundert statt. Die nachfolgende rekonstruierte Skizze der Kaiserpfalz gibt ein Bild der Stadt im frühen Stadium um 1200 n. Chr. wieder.

Den beschwerlichen Weg in den alten Ort hinauf ersparte ich mir, zumal ich den Ort ja bereits kannte. Im unteren Bereich von Bad Wimpfen kaufte ich mit etwas zum Frühstück und wählte für meine Pause eine Bank direkt am Neckar in der Natur. Der Neckarradweg ist wirklich sehr schön geführt, an vielen kleineren Orten wie Neckarsulm, Böckingen und Lauffen am Neckar kam ich an dem Tag vorbei. Südlich von Lauffen am Neckar sah ich in den Hügeln auf der anderen Neckarseite in größeren Umfang Wasserdampf aufsteigen. Die Herkunft konnte ich mir zunächst nicht erklären, bis ich auf folgende Erinnerungstafel traf. Auf der anderen Seite des Neckars befand sich das Kernkraftwerk Neckarwestheim, von dessen riesigem Kühlturm aus der Wasserdampf aufstieg. Man wird schon sehr nachdenklich wenn man liest:  „Sie ließen weiterbauen trotz Tschernobyl – in Neckarwestheim“.

Dort in den Weinbergen sprach mich eine ältere Frau an. Sie hatte das Schild „Dorsten-Rom“ an meinem Hänger gesehen und kam gebürtig aus Marl. Da beide Ort nah beieinander liegen, kannte sie Dorsten natürlich. Sie lebte inzwischen 35 Jahre in Neckarwestheim. Grund war der Beruf ihres Mannes, er hatte damals Arbeit im Kraftwerk gefunden.

15 km vor Stuttgart wurde ich stutzig, da mir Radler in Regenkleidung entgegen kamen. Keine 10 Minuten später hatte ich meine Regenjacke und Schuhüberzieher an, eine lange Hose benötigte ich aufgrund der Temperaturen nicht. Der Regen war nicht sehr stark, es hörte auch immer mal wieder auf, so dass ich ohne übermäßig nass zu sein in Stuttgart ankam. Der Campingplatz in Stuttgart ist nicht so toll. Er befindet sich in unmittelbarer Nähe der Porsche Arena. Die Sanitäranlagen sind zwar relativ neu, insgesamt wirkt er aber optisch nicht schön. 

Den Abend verbrachte ich aufgrund des nassen Wetters im Bistro des Campingplatzes. Dort hatte ich die Möglichkeit, im Trockenen zu sitzen, etwas zu essen und zu trinken, sowie einige Zeilen in mein Tagebuch zu schreiben. 

 

 


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 06.Tag: Stuttgart im Regen, danach ins Fils- und Illertal

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
13.06.2012 125 728 500 1500 Camping

 

Als ich früh am Morgen aufwachte, regnete es nicht stark, aber ohne Unterbrechung. Es war kalt und ungemütlich. Das Zelt vollkommen nass in einem Ortliebsack verstaut, machte ich mich auf die Suche nach einem Cafe.  Meist dem originalen Track folgend traf südlich von Esslingen auf das Wasserhaus, aber immer noch nicht auf ein Cafe. Der Tafel konnte ich entnehmen, dass das Wasserhaus am Ende des Hammerkanals steht und zur Regulierung der durchfließenden Wassermenge diente. Durch den Bau der Anlage wurde die Ansiedlung von Industriebetrieben im Bereich der Pulverwiesen in Esslingen gefördert. Zusätzlich dient die Anlage wohl zum Schutz vor Hochwasser.

Ich machte ein paar Fotos, hielt mich dort aber nicht lange auf, weil mein „Magen auf den Kniekehlen hing“, gleichzeitig fehlte mir noch mein morgendlicher Cafe.  Etwas später führte der Radweg durch das Ortszentrum von Altbach, wo ich endlich eine Bäckerei mit Cafe fand. Beim Blick nach draußen fiel mein Blick auf das vollkommen verdreckte Rad. Einen Hochdruckreiniger an einer Tankstelle zu suchen, machte nicht wirklich Sinn, zumal die Wettervorhersage für den Morgen kontinuierlichen Regen versprach.

In Plochingen verließ ich das Neckartal und wechselte ins Filstal. Dort musste ich leider erkennen, dass auf dem Filsradweg teilweise schlecht zu radeln war. Aufgrund des ganzen Matsches wechselte ich immer mal wieder auf asphaltierte Straßen. 60 km im Regen machten an dem Tag nicht wirklich Spaß, ich kam aber trotzdem relativ gut voran. In Göppingen hatte ich das Glück, auf einen Mediamarkt zu stoßen, dort konnte ich für wenige Euro das USB Kabel ersetzen, das ich in Brey auf dem Campingplatz versehentlich hatte liegen lassen.

In Geislingen schwenkte ich mit meinem Radgespann auf die B10. Leider gab es in dem Bereich wenig Alternativen, die Bundesstraße stellte die einzige Möglichkeit dar, relativ zügig nach Ulm zu gelangen. Die ersten Höhenmeter auf meiner Tour waren trotz des stärkeren Verkehrs relativ schnell geradelt. Am letzten Anstieg vor Ulm wurde das Treten merklich schwerer, es gab einen Grund, der Hänger hatte einen Plattfuß. Aufgrund des starken Verkehrs quetschte ich mich auf eine Rasenfläche am Rand der Fahrbahn und reparierte den Schaden. Danach ging es in flottem Tempo nach Ulm.

Den zu Hause mit Hilfe von GoogleEarth fein ausgearbeiteten Track für die Durchfahrung Ulms konnte ich gut gebrauchen. Schnell kam ich so aus dem Großstadtverkehr raus und schwenkte ins Illertal. Dort gab es dann die Belohnung des Tages, als plötzlich die Sonne schien. Die 60 km lange Matschfahrt hatte endlich ein Ende gefunden. Die letzten 25 km des Tages waren sehr flach, nur unmerklich ging es langsam das Illertal folgend bergauf. Es war sehr schön, dort in der Sonne zu radeln, Großstädte waren mit dem Rad nicht so mein Ding, dort war ich wieder in fast unberührter Natur.

Nach 125 Tageskilometern erreichte ich den Campingplatz in Illertissen, er befindet sich am Illerkanal zwischen den kleinen Orten Dietenheim und Illertissen. Schon bei der Ankunft gefiel mir der Platz sofort. Nicht nur die Sauberkeit fiel sofort auf, die Eigentümerin des Platzes ging mit mir extra zu einem Waschplatz und gab mir einen Schlauch. Das Rad, Hänger und Gepäcktaschen sahen von der Matschfahrt fürchterlich aus und bedurften einer gründlichen Reinigung.

Den Abend verbrachte ich bei einem leckeren Essen direkt neben dem Campingplatz im Dornfelder Hof. Dank iphone und Netbook schaute ich in die Wettervorhersage und die versprach für die folgenden Tage Wetterbesserung. Besseres Wetter konnte ich in den Alpen gut gebrauchen.

 

  

 


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 07.Tag: Bei wunderschöner Wetterlage nach Bühl am Alpsee

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
14.06.2012 101 829 500 2000 Camping

 

Nach 101 Tageskilometern und 829 Gesamtkilometern saß ich an dem Abend in Bühl am Alpsee und blickte gedanklich zurück auf die ersten 7 Tage meiner Tour. Ich stand am Fuße der Alpen, es war Zeit, einen Pausentag einzulegen, um wieder gestärkt die Überquerung der Alpen in Angriff nehmen zu können. Noch in Illertissen auf dem Campingplatz begann der Tag mit zwei Konversationen, die irgendwie typisch waren für Reiseradler auf Tour.

Erste Konversation:
(Eine Engländerin läuft an meinem Zelt vorbei und blickt auf den Hänger)
Is Rom your destination? (Ich hatte noch keine Antwort gegeben)
No, no, no, that´s crazy!
Ich konnte sie im Anschluss davon überzeugen, dass es stimmt.

Zweite Konversation:
(Ich sitze auf einer Bank und flicke gerade den Schlauch vom Hänger, der Mantel hatte einen Schaden, in der Nacht hatte die Luft im Schlauch nicht gehalten)
Ein Mann setzt sich neben mir auf die Bank und fragte nett:
„Kann ich ihnen helfen?“ Ich: „Nein, dass ist nett, aber ich habe alles zur Reparatur dabei“.
Er: „So etwas habe ich früher auch gemacht, ist aber lange her, war von Passau nach Wien“.
Danach hat er mir seine halbe Lebensgeschichte erzählt, von seinen vielen Jahren als Schuhhändler, ich musste kein Wort mehr sagen.
Als ich mit dem Flicken fertig war, sagte er nur noch: „Ich glaub sie wollen jetzt los, woll? Ja, dem war so!
Radlerleben sind doch unterhaltsam liebe Leser dieser Zeilen, nicht wahr?

Von dem weiteren Tag gab es relativ wenig zu berichten. Immer dem recht schön geführten Illertalradweg folgend, fand ich in dem kleinen Tannheim westlich von Memmingen ein Fahrradgeschäft, in dem ich auch neue 16 Zoll Mäntel für meinen Hänger bekam. Die Eigentümerin hatte sichtlich Spaß, mir zu helfen. Im Gasthof „Zum Hirschen“ in Krugzell (zwischen Altusried und Kempten) legte ich eine kurze Pause ein. Danach radelte ich in einem Zug nach Kempten. Bei der Ankunft in Kempten hatte ich eine traumhafte Wetterlage, der Regen vom Tag zuvor war vergessen. Ich schlenderte dort ein wenig über den Marktplatz, aß eine Kleinigkeit und machte mich um ca. 14:00 Uhr wieder gestärkt auf den Weg. Die weitere Strecke bis Bühl am Alpsee war sehr schön geführt. Etwas wellig radelnd, bemerkte ich langsam die Nähe der Alpen.

Der Campingplatz in Bühl am Alpsee lag sehr schön. Dort gewann ich nach dem Zeltaufbau auch sehr schnell einen kleinen Freund mit dem Namen Nico. Nico fand die neuen Mäntel, die ich noch nicht montiert hatte wohl sehr interessant. Ich lies ihn damit spielen und hatte damit einen neuen Freund.

 


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 08.Tag: Pausentag in Bühl am Alpsee

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
15.06.2012 0 829 500 2000 Camping

 

Der Pausentag in Bühl am Alpsee war ein wunderschöner Tag. Schon früh am Morgen gab es  angenehme Temperaturen. Um 07:00 Uhr war noch kaum jemand auf den Beinen, am See wo ich mein Frühstück einnahm, herrschte eine angenehme Stille. Etwas später stand Materialpflege auf dem Programm, Hänger und Rad hatten eine sorgfältige Pflege dringend nötig. Die neuen Mäntel wurden am Hänger aufgezogen, das Rad geputzt und die Kette geölt. Den restlichen Tag verbrachte ich viel am See, ich fotografierte ein wenig, beobachtete die Menschen um mich herum und lief am Nachmittag zu einem Cafe. Einfach die Seele baumeln lassen tat richtig gut.

An dem Abend saß ich in einer Ecke des Restaurants, wo ich schon den Vorabend verbracht hatte. Dort gab es eine Steckdose für meinen Netbook, um ein paar Zeilen schreiben zu können und um mir die Höhenprofile der Folgetage anzusehen. Um ca. 21:00 Uhr erschien ein Pärchen mit Lenkertasche. Sie fragten mich, ob ich derjenige wäre, der mit dem Hänger unterwegs nach Rom sei. So saßen wir wohl eine knappe Stunde beisammen und erzählten von unseren Reisen. Irgendwann fragte mich Detlef, ob ich der Georg aus dem Rad-Forum sei. Die Welt war mal wieder klein, wir kannten uns schon seit mehreren Jahren aus dem Forum und hatten schon mehrmals per Mail Kontakt miteinander gehabt. Der Abend war mir sehr nett in Erinnerung geblieben. Aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit ging ich aber um 22:30 Uhr schlafen.

  

 

 


 

 09.Tag: 16% Steigung am Riedbergpass

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
16.06.2012 80 909 1000 3000 Camping

 

An dem Tag war ich  früh auf den Beinen, nach dem Pausentag aber auch topfit. Von Detlef und Conny hatte ich mich am Abend zuvor bereits verabschiedet, so konnte ich nach dem Zeltabbau direkt losfahren.

In Immenstadt an der Sonthofener Straße, also direkt auf meinem Weg, gab es die Bäckerei Härle. Dort gab es erst einmal ein Frühstück.

Die ersten 20 Kilometer über Sonthofen bis nach Obermaiselstein ließen sich noch recht locker radeln, dann ging es zur Sache.

Als ich das Schild mit der Steigung über 16 % und 4 km Länge sah, wusste ich, dass ich mich am Anfang des schwierigsten Teilstücks zum Riedbergpass befand. Internetrecherchen zu Hause ergaben zwar eine kürzere Distanz, aber was half dieses Wissen schon vor Ort? In langsamem Tritt kurbelte ich mein Gespann hinauf, bis im Bereich einer Baustelle nichts mehr ging. Es gibt nur wenige Pässe, auf denen ich bisher ein Teilstück mein Rad schieben musste, dieses Teilstück am Riedbergpass gehörte dazu. Auf dem Anstieg kam ich reichlich ins Schwitzen, innerhalb von 2 Std. war ich trotzdem oben.

Keine Frage, der Anstieg war eine immense Kraftanstrengung gewesen, es war aber erst 10:00 Uhr, als ich auf der Passhöhe stand. Die meisten Höhenmeter des Tages waren bereits geschafft. Ein Gefühl der Ruhe und Zuversicht stellte sich ein, der erste Alpenpass war mal wieder geknackt und jetzt ging es über viele Kilometer nur bergab. Was war das für ein Genuss, in zügigem Tempo und bei strahlendem Sonnenschein den Pass hinab zu sausen. Nach wenigen Kilometern war ich auch schon in Österreich.

Im kleinen Ort Andelsbuch legte ich auf der Terrasse des Gasthof Löwen meine Mittagspause ein. Das Vollstopfen mit schwer im Magen liegenden Gerichten war auf einer Radtour noch nie mein Ding  gewesen, aus dem Grund bestellte ich mir einen Salat und ein alkoholfreies Weizen und schon fühlte ich mich wohl. Auf der Terrasse hatte ich noch ein wenig Spaß mit einigen jungen Österreichern. Sie erzählten vom Leben im Dorf und ich ein wenig von meiner Tour. Bis zu meinem Zielort waren an dem wunderbaren klaren Tag ca. 80 km zu radeln, auf den letzten 25 km ging es insgesamt noch langsam über 200 Höhenmeter hinauf.

Der Campingplatz in Au war vom feinsten. Ein schöner Rasenplatz mit sauberen Sanitäranlagen, was wollte man mehr.

Den Abend verbrachte ich auf der Terrasse eines Restaurants direkt gegenüber dem Campingplatz. Eine Reisegruppe nervte dort ein wenig aufgrund ihrer Lautstärke. Als sie das Lokal aber kurze Zeit später verließen, herrschte endlich Ruhe pur.

Der darauffolgende Tag besaß ein anstrengendes Programm, aus dem Grund ging ich früh schlafen.

 


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 10.Tag: Hochtannbergpass, Flexenpass, Arlbergpass

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
17.06.2012 76 985 1400 4400 Camping

 

Auf dem Campingplatz war ich an dem Morgen der einzige, der bereits um 06:30 Uhr auf den Beinen war und seine Sachen packte. Die Morgenluft war herrlich, ich hatte richtig gut geschlafen und fühlte mich fit genug, an dem Tage die drei Pässe Hochtannberpass, Flexenpass und Arlbergpass zu bewältigen. In Schoppernei kaufte ich mir in einer Bäckerei etwas zum Frühstücken sowie Getränke für unterwegs, danach ging es direkt in den Anstieg. Die ersten 850 Höhenmeter bis zum Hochtannbergpass schaffte ich mit meinem Gepäck in einer Zeit unter drei Stunden, ich kam also verhältnismäßig zügig voran. Die EXIF-Daten des Fotos oben auf dem Pass zeigen eine Aufnahmezeit von 09:50 Uhr, schön dass ich mich früh auf den Weg gemacht hatte.

Die nachfolgenden zwei Aufnahmen zeigen eine Kehre auf Betonstützen, die Kehre war mir noch von einer Autofahrt im Jahr 2005 in Erinnerung geblieben. Damals war ich mit meinem Arbeitskollegen Robert auf der Anreise zum Stilfser Joch die Strecke gefahren. Die Nebenstrecke war damals auf unserer Fahrt die einzige Alternative zur gesperrten Autobahn gewesen.

Bei meiner Ankunft auf der Passhöhe war dort wenig los. Hier und da hielten mal ein paar Ausflügler an, ein paar Wanderer mit Rucksäcken, die den Sonntag für einen kurzen Spaziergang nutzten, sonst nichts. Die großen Parkplätze ließen erkennen, dass dort aufgrund des angrenzenden Skigebietes im Winter „der Bär los war“. Am Passschild kam mir eine Mountainbikergruppe entgegen, mit denen ich noch kurz in ein lockeres Gespräch geriet. Wir nutzen die Gelegenheit, tauschten die Fotoapparate und fotografierten uns gegenseitig. Mein  Stativ benötigte ich mal wieder nicht.

Aber was war das für ein Tag in den Bergen? So einen klaren weiten Blick in die Berge gab es nicht gerade jeden Tag. Die rund 250 Höhenmeter hinab nach Lech am Arlberg waren der reinste Genuss. Ich kam keinen Kilometer weit, schon musste ich wieder anhalten zum Fotografieren. Zum Flexenpass führte die Straße ca. 300 m hinauf, von den Steigungsprozenten her war der Anstieg aber eher moderat. Bereits um 12:00 Uhr war ich oben auf dem 1773 m hohen Flexenpass. Landschaftlich war es dort oben wunderschön.

Auf der Passhöhe gab es einige ältere Ausflügler und Motorradfahrer, die sich neugierig nach meiner Reiseroute erkundigten. Es war sehr nett, sich mit ihnen zu unterhalten, etwas Resonanz zu erhalten tat darüber hinaus natürlich auch recht gut. Durch die Flexengalerie ging es in sausendem Tempo knapp 200 Höhenmeter hinab bis zum Ende der Straße. Die Passstraße endet in einer Senke und mündet auf die Straße 197, die von Stuben oder Klösterle zum Arlbergpass führt. Genau an der Stelle befindet sich eine Restauration, für mich eine ideale Stelle zur Mittagspause. Gestärkt durch eine leckere Gulaschsuppe und einem alkoholfreien Weizen waren die letzten 200 Höhenmeter des Tages zum Arlbergpass dann auch kein Problem. Der Anstieg lies sich auch mit dem Hänger in mäßigem Tempo relativ einfach fahren. Auf der Passhöhe waren viele Sonntagsausflügler unterwegs, mir waren es zu viele. Aus dem Grund machte ich mich nach ein paar Fotos wieder direkt auf den Weg.

Die Abfahrt war bei der Wetterlage ein Traum. Ich kannte das Höhenprofil und wusste, nun geht es nach Landeck über 33 km nur bergab. Darüber hinaus gab es kein Zeitproblem, stand ich doch bereits um 13:40 Uhr oben auf dem Arlbergpass. Dieses Gefühl, alle Höhenmeter des Tages geschafft zu haben, kannte ich zwar bereits von vielen anderen Alpentouren, die Abfahrt nach Landeck  hatte verbunden mit der Wetterlage an dem Tag dennoch etwas Einzigartiges. Immer wieder hielt ich an, um zu fotografieren. Das nachstehende Foto gefiel mir auf der Abfahrt besonders gut.

Der „Campingplatz Riffler“ in Landeck war klein, aber vom Feinsten, ich fühlte mich auf dem kleinen Rasenstück sofort wohl. Meine einzigen Zeltnachbarn waren Deutsche, die mit einer DLRG – Gruppe unterwegs waren, nette Jungs, mit denen ich ein wenig Spaß hatte.

Draußen vor dem Lokal Lexmax fand ich an dem Abend das richtig Ambiente, um das Fußballspiel der EM zwischen Deutschland und Dänemark zu sehen. Ein riesengroßer Monitor war unter einem Vordach montiert. Der Abend verging aufgrund des Spieles viel zu schnell. Um ca. 22:00 stand es 1:1, für mich wurde es Zeit, zurück zum Campingplatz zu laufen um auf meine Schlafmatte zu gehen. Am nächsten Morgen erfuhr ich, dass Deutschland doch noch mit 2:1 gewonnen hatte.

 


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 11.Tag: Auf der Via Claudia Augusta über den Reschenpass

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
18.06.2012 80 1065 1100 5500 Camping

 

An  dem Morgen machte es enorm Spaß kurz hinter Landeck die Autostraßen zu verlassen und auf den Radweg der Via Claudia Augusta zu schwenken. Sofort gab es keinen Autoverkehr und der Radweg war wunderschön durch die Landschaft geführt. Wie man auf dem nachfolgenden Foto erkennt, klappte der erste Versuch, mich selber mittels Selbstauslöser in Fahrt zu fotografieren nicht so Recht, der zweite war da schon besser gelungen.

Ein wenig zur Geschichte der Via Claudia Augusta!
Alles begann wohl im Jahr 15 vor Christus, als der römische General Drusus begann, die Pfade der Kelten und Etrusker zur ersten richtigen Straße über die Alpen auszubauen. Das gewaltige Werk wurde erst 60 Jahr später durch seinen Sohn, Kaiser Claudius fertiggestellt. Ziel war es, den Warenverkehr zwischen Po-Ebene und Donau  zu erleichtern, gleichzeitig aber auch einen raschen militärischen Nachschub zu gewährleisten. Die einzigen vorhandenen Überbleibsel sind zwei militärische Meilensteine, von denen einer in Rabland in der Nähe von Meran und der andere in Cesiomaggiore (Belluno) gefunden wurde. Die Historiker sind sich über den Verlauf der Via Claudia Augusto ziemlich einig. Sie führte von Trient entlang der Etsch nach Pons Drusi (bei Bozen), dann weiter nach Meran und am Reschenpass vorbei durch das Tal der Inn und der Lech, wo sie kurz hinter Augsburg in einer Stadt an der Donau in der Nähe des heutigen Donauwörth endete.

Der Via Claudia Augusta wollte ich nur bis Mals kurz hinter dem Reschenpass folgen. Der mir aus den Touren der Jahr 2005 und 2006 bekannte Campingplatz war an dem Tag mein Ziel.

In Prutz wurde ich von einem BMW überholt. Eine Frau sprach mich aus dem Fenster an, sie kamen auch aus Dorsten. Das Schild „Dorsten-Rom“ am Hänger hatte bei ihnen die gedankliche Verbindung zu einem Zeitungsartikel in der Dorstener Zeitung hergestellt. Dort wurde über meine Tour nach Rom berichtet. Ihr Mann war im Ruhestand und Leiter der Stadtkasse in Gladbeck gewesen. Als ich ihnen erzählte, dass meine Tochter kurz vor dem Abschluss ihrer Ausbildung bei der Stadt Gladbeck stand, war natürlich Gesprächsstoff genügend da, die Welt war wieder einmal klein.

Auf welligem Profil radelte ich weiter nach Pfunds, kaum das ich 50 Höhenmeter gewonnen hatte, ging es immer wieder ein wenig bergab. Bis zur Zollstation in Martina hatte ich mein Gespann gerade mal von 800 m ü NN auf 1025 ü. NN hochgekurbelt. An der Grenzstation machte ich noch ein Foto von der Waage, auf der wir im Jahr 2006 die Räder und Gepäck aller teilnehmenden Radler gewogen hatten (siehe Bericht 2006). Danach ging es bei angenehmer Steigung knapp 400 Höhenmeter hinauf bis zur Norbertshöhe.

Oben auf der Norbertshöhe traf ich noch eine Gruppe Reiseradler, mit denen ich mich eine zeit lang über unsere Touren unterhielt. Sie beabsichtigten aber in Nauders zu Mittag zu essen, deshalb verabschiedete ich mich von ihnen, in Richtung Mals hatten sie denselben Weg. Die alte Festung in Nauders lag imposant auf einem Felssporn. Von dort muss man noch ca. 150 Höhenmeter hinauf zum Reschenpass, was aber auf dem abseits der Hauptstraße geführten Radweg ohne Autoverkehr möglich war. Der Reschensee lag an dem Tag sehr schön in der Sonne, die den ganzen Tag schon unbarmherzig auf mich gestrahlt hatte. Ich war dankbar für diese seit Tagen stabile Wetterlage. Mein Blick ging auf die alte Kirchturmspitze der im See versunkenen Kirche von Graun. Hinter dem Reschensee ging es sehr schnell über Burgeis und Schleis hinab nach Mals.

Für mich war es interessant, den Platz meiner organisierten Reiseradlertreffen der Jahre 2005 und 2006 noch einmal wieder zusehen. Die Qualität des Campingplatzes war damals schon gut gewesen und hatte sich eher noch verbessert. Innerhalb von 5 Minuten stand mein Zelt auf derselben „Zeltwiese“ wie Jahre zuvor. In unmittelbarer Nähe standen auch ein Tisch und Stühle, so konnte ich mir das Kriechen auf dem Boden ersparen. Der Versuch am Abend in dem Restaurant in der Nähe des Platzes zu essen, in dem wir sechs Jahre zuvor gegessen hatten misslang, das Restaurant gab es nicht mehr. In der Nähe gab es einen kleinen Imbiss, der als Ersatz aber vollkommen ausreichte.

 


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 12.Tag: Die Königsetappe zum Stilfser Joch

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
19.06.2012 64 1129 1900 7400 Camping

 

Um Punkt 07:00 Uhr hatte ich bereits alles gepackt um nach Prad an den Fuß der Königsetappe zu radeln. Fünf mal war ich den Anstieg in den Jahren zuvor bereits mit dem Rad die vielen  Kehren zum Joch hinauf geradelt, an dem Tag sollte es das sechste Mal sein. Auf den ersten Kilometern ging es fast nur bergab, so dass ich bereits um 07:40 Uhr in Prad eintraf. Die ersten Frühaufsteher tätigten ihre Einkäufe, viel war in dem kleinen Ort aber noch nicht los. Meine ersten Aufgaben, Geld an einem Bankautomat zu ziehen und die Einkäufe für den Anstieg zu tätigen, waren schnell erledigt. Eine Marktfrau erklärte mir, wo ich einen Bankautomat und ein Lebensmittelgeschäft in unmittelbarer Nähe fand.

Etwas respektvoll blickte ich an dem Tag in die Talschneise, in die ich nun zum 4. Mal radeln würde. Die beiden anderen Male hatte ich das Stilfser Joch einmal von Bormio und einmal von St.Maria aus über den Umbrailpass kommend befahren. Wie würde es mit Hänger gehen? War das überhaupt machbar? Später als ich diese Zeilen am Abend schrieb, wusste ich es, ich hatte es geschafft.

Was war das nur für ein wundervoller Tag gewesen! So eine klare Morgenluft bei vollkommen blauem Himmel hatte ich am Fuße dieses Riesen noch nie erlebt. Voll motiviert trat ich in Ruhe in die Pedale. Bis zu den ersten Kehren hinter Gomagoi steigt die Straße schon gewaltig an. Die ersten mehreren hundert Höhenmeter hat man dort bereits bezwungen, bevor man das erste Kehrenschild mit der Aufschrift Nr. 48 (1380 m) überhaupt sieht. So einige Rennradfahrer überholten mich und betrachteten respektvoll mein Gespann. Ihre Blicke zeigten ein Gemisch aus „Stiller Bewunderung“ bis „Vollkommen verrückt“. In dem Moment wurde mir eines klar,  der Wille war da, ich würde diesen Kollos von Berg auch zum sechsten Mal bezwingen.

In Gomagoi gab es an dem Straßenabzweig nach Sulden eine kurze Rast. Hatte man bis dort hin noch über viele Kilometer das Rauschen des Suldenbaches im Ohr, wurde es dort urplötzlich ruhig. Ein kurzes Stück ging es noch durch eine lange Lawinengalerie, danach stand ich unmittelbar in der ersten (48. Kehre) der rückwärts zählenden Kehren. Ein wenig Spaß hatte ich unterwegs mit drei deutschen Rennradfahrern, die ich auch am Hotel Franzenshöhe wieder traf und einem Rennradfahrer aus Gelsenkirchen-Buer. Er kannte mich wohl von unserer Radtouristik und hatte mich am Trikot wieder erkannt. Am Hotel Franzenshöhe hatte ich eine Höhe von 2188 m erreicht, bis zur Passhöhe waren es also noch gut 550 Höhenmeter. Ich bleib dort über eine Stunde, aß eine Kleinigkeit und quatschte mit den zuvor getroffenen Rennradfahrern.

In den letzten Kehren bis zur Passhöhe wurde ich nochmal richtig gefordert. Immer wieder überholten mich einzelne Autos, aus deren Beifahrerfenster aufmunternde Rufe zu hören waren. Um kurz vor 15:00 Uhr hatte ich es geschafft,  ich hatte diesen Riesen zum sechsten Mal bezwungen, es ging also auch mit Hänger zuzüglich 30 kg Gepäck. Oben auf der Passhöhe war ich mit dem Hänger eine Zeitlang der Blickfang, mehrmals sprach man mich an auf meine Tour an. Die Krönung lieferte sich eine Gruppe Niederländer, die mich unbedingt auf dem Siegerpodest sehen wollte. Die folgenden Fotos geben die Situation ziemlich gut wieder.

Die Abfahrt nach Bormio verlief zügig. Ich stoppte noch ein paar Mal, um zu fotografieren, war aber etwas körperlich geschafft. Eine Dusche im Zielort würde meine Lebensgeister wieder wecken. Beim Blick in den Abgrund dachte ich an unsere Tour im Jahr 2005 zurück. Damals waren wir, mein Sohn, sein Freund Willem und ich die Strecke von Bormio aus kommend hinauf geradelt.

Am Abend auf dem Campingplatz in Valdisotto gab es eine riesige Pizza Calzone, die erste Pizza überhaupt auf meiner langen Tour.

 

 


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 13.Tag: Schiebepassagen am Mortirolopass

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
20.06.2012 57 1186 1200 8600 Camping

 

An dem Morgen musste ich zunächst einen Schaden am Zelt beheben. In der Nacht war ein Stangenelement in der Muffe gerissen, so dass das Zelt etwas Schlagseite erhielt. Aufgrund der mitgeführten Ersatzstangenelemente war das Problem aber schnell gelöst. Ich musste nur am Ende der Stange das Gummiband lösen, des Element ersetzen und alles wieder verknoten.

Ich war bereits einige Kilometer unterwegs, als ich meinem GPS-Track folgend vor einer riesigen Baustelle stand. Ich war mit dem Rad bereits reichlich ins Tal gesaust, darüber hinaus zeigt ein Schild, dass die Strecke für Radler verboten war. Was nun? Wieder zurück? Ich entschied mich dagegen und fuhr einfach durch die Baustelle durch. Breit ausgebaut auf feinem Schotter unterwegs, kam ich ohne angehalten zu werden hindurch. Ein mögliches Gefahrenpotential gab es nicht, ich freute mich aber trotzdem, wenige Kilometer weiter wieder auf asphaltierter Strecke zu stehen.

In den kleineren Dörfern, die ich bis zum Anstieg des Mortirolopasses durchfuhr, herrschte Totenstille. Ich hatte schon Angst, vor der Auffahrt zum Pass nichts mehr einkaufen zu können, traf glücklicherweise aber noch auf eine Bar. Dort konnte ich 3 Liter Wasser und einige Croissants kaufen. Der Anstieg zum Mortirolopass war absolut hart, 15 % bis 17 % Steigung über längere Strecken wechselten sich mit kürzeren flacheren Passagen ab. 12 % Steigung ließen sich mit dem Hänger ja noch einigermaßen fahren, darüber hinaus war aber Schluss.  So einige Kilometer schob ich an dem Tag, mancher Fluch kam von meinen Lippen, wenn ich hinter einer Kehre sah, dass es weiterhin steil bergauf ging. Meter um Meter drückte ich mein Gespann schweißtreibend den Berg hinauf, bis ich um ca. 12:00 Uhr auf der Passhöhe stand.

Die Abfahrt war auf der kleinen schmalen Straße wunderschön. Ich hielt noch einmal an der auf dem folgenden Foto zu sehenden Bar, danach rollte das Rad zur Belohnung für die anstrengende Auffahrt quasi alleine bis in den Zielort Edolo.

Zum Essen fuhr ich an dem Abend noch in den Ort. Viele Möglichkeiten gab es nicht, deshalb fiel meine Wahl auf einen kleinen Imbiss. Wieder Pizza gefiel mir zwar nicht, ich wurde aber satt. Auf dem Campingplatz gab es eine kleine Bar, vor der ich den Abend verbrachte. Dort gab es eine Netzsteckdose für meinen Netbook und ein leckeres Bier, an dem Abend brauchte ich nach der körperlichen Anstrengung der letzten Tage nicht mehr.

Die Alpen waren fast geschafft. Einen Tag später würde mich meine Tagesetappe über 142 km bis nach Sirmione an den Gardasee bringen.

 


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 14.Tag: Von Edolo über Brescia nach Sirmione am Gardasee

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
21.06.2012 142 1328 300 8900 Camping

 

Die Campingplatzbesitzerin hatte Wort gehalten und stand um 07:00 Uhr an der Rezeption. Mir gefiel diese Vorgehensweise in Italien nicht,  ich konnte es aber nicht ändern, sie hatte noch meinen Pass. Mir war es immer lieber, am Abend zuvor zu bezahlen, aber das wollte sie nicht. Während es am Abend zuvor in Edolo noch leicht getröpfelt hatte, schien die Sonne am Morgen wieder in voller Pracht. Die ersten knapp 60 km bis zum Lago di Iseo flogen aufgrund der leichten Gefällstrecke nur so dahin. Bereits um 10:00 Uhr stand ich am nördlichen Rand des Sees und genoss den Blick über den malerischen See.

Ich versuchte mich mit meinem Rad immer am See entlang zu hangeln, der alte Abschnitt war aber im Bereich eines Tunnels in der Nähe des Steilufers gesperrt. Dort hatte ich leider keine andere Alternative, als durch einen 1, 8 km langen Tunnel bergauf zu fahren. Mir war bewusst, dass das Zeit kosten würde, meine Sicherheit ging aber vor. Ich kramte meine zwei mitgeführten LED-Rückleuchten und meine IXON IQ Frontleuchte aus den Taschen und befestigte sie fest am Rad. Wie gut, das ich dass Equipment dabei hatte. Die Wirkung der LED Leuchten war hervorragend. Schon früh konnte ich im Rückspiegel beobachten, wie die von hinten heran rollenden Lastwagen die Fahrbahn wechselten und für sicheren Abstand sorgten. Nach vorne erzeugte die IXON IQ für eine optimal ausgeleuchtete Straße. Nach 1,8 km leicht bergauf war der Spuk vorbei! Der Lärm im Tunnel war enorm laut, ein Grund mit, sich am Tunnelausgang wieder über den Blick auf den See zu freuen. Zwei kleiner Tunnel folgten am See entlang noch, diese waren aber beleuchtet und aufgrund der Gefällstrecke schnell durchfahren.

Wie schön, das ich mein Garmin-Gerät am Fahrrad dabei hatte. Nach einer kurzen Pause am Lago di Iseo war ich weiter in Richtung Brescia geradelt und stand urplötzlich vor einem Schild „Für Radfahrer verboten“. Auf die Schnellstraße wollte ich ohnehin nicht hinauf, meine Planung enthielt wohl einen Fehler. Über viele kleinere Dörfer hangelte ich mich so nach Brescia hinein, mögliche  Alternativen waren auf dem Display des Garmin 62S ja immer zu sehen. Das ich die Alpen hinter mich gelassen hatte, merkte ich an der enormen Hitze, die mich in Brescia empfing. Mitten in der Stadt gab es Cafes genug, 2 Coca-Cola und eine halbstündige Pause weckten meine Lebensgeister wieder.

In Brescia gab es sicherlich mehr zu sehen. Nach den ersten 107 km fehlte mir in der enormen  Hitze der Sinn dafür. Aus dem Grund verließ ich die Stadt relativ schnell und hatte richtig Glück. Per Zufall traf ich hinter Brescia auf einen ausgeschilderten Radweg nach Desenzano. Er führt unter Minimierung der Höhenmeter bis direkt an den Gardasee. Wie schön war der erste Blick von einem Hügel aus auf den Gardasee gewesen! Strahlend blau lag er 50 Höhenmeter tiefer, rechts von mir war die Hafenstadt Desenzano zu sehen. Viele Erinnerungen wurden auf der Küstenstraße wach, mehrere Familienurlaube hatten wir dort bereits verbracht, es war schön, die Region noch einmal wieder zu sehen.

Nach weiteren 6 sehr flachen Kilometern am See entlang stand ich nach 142 Tageskilometern am Ziel, von zu Hause war ich nun 1328 Radkilometer entfernt. Mein Ziel war der etwas westlich von Sirmione gelegene Campingplatz „San Francesco“, den ich dank GPS-Koordinate sehr leicht fand.

Schon beim ersten Eindruck behagte mir etwas nicht, der Platz war mir zu groß, ein kleinerer wäre mir viel lieber gewesen. Nach 142 km auf dem Rad geht man aber Kompromisse ein, deshalb entschied ich mich fürs Bleiben. 33 Euro für einen Stellpatz auf Schotter war dann die nächste Hiobsbotschaft, die mich traf. Ich fand den Preise ziemlich unverschämt, hatte ich doch auf meiner Tour noch kein mal mehr als 15 Euro bezahlt. Etwas später gab es aber eine unerwartete Hilfe. Dank meiner niederländischen Zeltnachbarn, die mich bei der Ankunft sofort mit köstlichen Melonenstücken und einem kalten Bier versorgten, konnte ich den Preis halbieren. Sie fuhren zwei Tage später nach Hause und hatten noch Campinggutscheine, die sie mir für je 15 Euro verkauften. Ich hatte die 33 Euro pro Nacht ja noch nicht bezahlt, mit den Gutscheinen reduzierte sich der Preis um über 100 %.

Auch wenn mir der Platz zu groß und voll erschien, entschied ich mich für einen Pausentag am Gardasee, Sirmione war nicht weit, es gab also auch am Pausentag noch einiges zu sehen. Darüber hinaus wollte ich den Pausentag nicht mitten in der Po-Ebene oder im Bereich der Apenninen verbringen.

 

 


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 15.Tag: Pausentag in Sirmione

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
22.06.2012 10 1338 0 8900 Camping

 

Ich war es ja gewohnt, früh aufzustehen. In der Nacht hatte ich wegen der Hitze zunächst nicht schlafen können, es aber irgendwann vor Erschöpfung doch geschafft. Früh am Morgen alleine am Gardasee zu sitzen, war richtig schön. Die Geschäfte waren noch nicht geöffnet, aus dem Grund wohl auch niemand zu sehen. Um 08:00 Uhr kaufte ich mir Brötchen, Salami und Joghurts, schnappte mir mein Essbesteck und Teller und lief wieder zum See. Auf dem Rasen konnte ich wunderschön frühstücken. Erst jetzt regten sich die ersten Camper.Wie man in der Hitze schlafen konnte, war mit etwas schleierhaft, Wohnwagen waren doch meist auch nicht klimatisiert.

Mein früher Ausflug nach Sirmione war recht schön. Bei meiner Ankunft um 10:00 Uhr war es was die Menschenmengen anging gerade noch zu ertragen, beim Verlassen der Stadt unerträglich voll. Mein Rad hatte ich zunächst draußen angekettet, als ich sah, dass andere mit dem Rad hineinfuhren, lief ich zurück und nahm es schiebend mit. Die Diebstahlgefahr war mir einfach zu hoch. Ich lief etwas über eine Stunde durch die mir von Familienurlauben bereits bekannten Gassen, fotografierte ein wenig und trank einen Kaffee. Als es mir zu voll wurde, machte ich mich wieder auf den Rückweg. Nachfolgend mal die Fotos von meinem Ausflug nach Sirmione

Mal ein wenig zur Geschichte:
Die Scaligerburg von Sirmione besitzt ein großes Hafenbecken und eine Ringmauer, mit der sie das Städtchen vom Festland trennt. Die Burg wurde im 13. Jahrhundert auf den Resten eines alten römischen Castells erbaut und ist sehr sehenswert. Sie diente vorrangig zur Verteidigung und Machtdemonstration der Scaliger. Nur über eine Zugbrücke gelangt man über die tiefen Wassergräben in den Innenbereich der Burg, von der aus man den Zugang zum Ort kontrollierte. Am Portal sieht man das Wappen der Scaliger, eine Leiter und das Wappen der Venezianer, einen geflügelten Löwen. Bei einem Rundgang können sich die Besucher ein Bild von dem ausgeklügelten Verteidigungssystem aus dicken Mauern, Zugbrücken und Treppen machen. Der knapp 50 m hohe Mastino-Turm  war im Mittelalter Waffenkammer und Hauptgebäude der Militäranlage.

Als ich mit meinem Rad fast nicht mehr durch die Menschenmenge kam, reichte es mir. Nur schnell weg hier war mein Gedanke, als mir wieder auf dem Festland zurück Kolonnen von Autos entgegenkamen. Den Nachmittag verbrachte ich auf meiner Matte am See. Noch ein wenig relaxen an dem Pausentag tat so richtig gut. Ein erstes Bad im Gardasee, ein wenig Schlummern waren die wenigen Ereignisse, die den Nachmittag prägten.

Den Abend verbrachte ich im Campingplatzrestaurant. Dort waren mehrere Monitore aufgebaut, um den Gästen die Möglichkeit zu bieten, dass EM Spiel zwischen Deutschland und Griechenland anzusehen. Bei dem absolut gerechtfertigten Ergebnis von 4:2 für Deutschland ging ich zufrieden schlafen.

 


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 16.Tag: Flacher als in der Po-Ebene geht es nicht, oder auf nach Modena

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
23.06.2012 126 1464 200 9100 Camping

 

Eine herzliche Verabschiedung von meinen holländischen Nachbarn um kurz vor 08:00 Uhr ist mir von dem Tag in Erinnerung geblieben, für sie ging es ja wieder nach Hause, für mich auf weitere große Tour. Von Sirmione aus in Richtung Süden war es zunächst noch ein wenig hügelig, dann weiter in der Po-Ebene sehr flach. Als Reiseradler mit Hänger in der Po-Ebene unterwegs, war ich der absolute Exot. Immer wieder überholten mich Autos, deren Beifahrer entweder den Daumen hochzeigten oder mich mit Anfeuerungsrufen begeistert motivierten. Es war irgendwie schön, so begleitet zu werden. Um ca. 11:00 Uhr traf ich in Mantua ein. Eine faszinierende Innenstadt erwartete mich. Jedesmal wenn ich meine Blickrichtung änderte, gab es ein neues Fotomotiv.

Mantua ist nicht groß, mit knapp 50.000 Einwohnern in etwa mit meiner Heimatstadt Dorsten vergleichbar. Besonderheiten der Stadt sind der romanische Dom, die Renaissancekirche Sant Andrea und der Pallazo Ducale. In der Po-Ebene ist die Stadt einer der größten Umschlagplätze für Agrarprodukte der Region. Mir gefiel es dort! Ich schlenderte ein wenig durch die Gassen, staunte über die prunkvollen alten Gebäude und fühlte mich trotz der enormen Hitze rund um wohl. Was hatte ich auf meiner Tour nicht inzwischen schon alles gesehen, Mantua bereicherte die Liste. Etwa 10 km hinter Mantua überquerte ich auf einer Brücke den Po. Der breite Fluss war kein reißender Fluss, auf voller Breite floss der Strom eher gemächlich dahin.

Die Po-Ebene fand ich mit Ausnahme von Mantua und einigen kleineren recht hübschen Örtchen etwas langweilig. Weinanbau-, Getreideanbau- und Obstanbauflächen wechselten sich immer mal wieder ab, ein paar Wasserkanäle sahen recht nett aus, es  fehlte aber etwas Besonderes fürs Auge. Novellara gefiel mir als Ort an dem Tag noch recht gut. Als ich dort ankam, hatte ich knapp 100 Tageskilometer gefahren und war aufgrund der Hitze ziemlich ausgezehrt. Eine Pause war  dringend nötig, deshalb suchte ich als erstes ein Cafe. Dort kaufte ich mir eine kalte 1,5 Liter PET Flasche Wasser und eine Cola.

Nachfolgend mal ein paar Fotos von Novellara. Erkennbar ist, dass ich als Radreisender wohl fast der einzige „Verrückte“ war, der bei der Hitze noch unterwegs war. 10 km vor meinem Zielort, einem Campingplatz westlich von Modena braute sich hinter mir, also im Norden, ein Gewitter zusammen. Ich wurde auf den letzten Kilometern nicht nass, der Regen wäre von oben auch eher eine wohltuende Erfrischung gewesen.

Das Zelt kaum aufgebaut und Schlafmatte und Schlafsack im Zelt gesichert, hatten die dicken Wolken Modena erreicht. Für den trockenen Boden waren die 10 Minuten Regen viel zu wenig, ich hatte gerade geduscht, da war der Regenschauer schon wieder vorbei. Der Campingplatz in Modena war recht einfach gehalten, ein typischer Durchgangsplatz, auf denen Urlauber eine Nacht verbrachten, um einen Tag weiter nach Hause oder in ihren Urlaubsort zu fahren. Einen längeren Aufenthalt würde dort wohl kaum jemand buchen. Ich kam mit den Besitzern an dem Abend trotzdem recht gut klar, weil es als Essen ohnehin nur ein Pizza Margherita und als Getränk Mineralwasser und Bier gab. Bei der riesigen Auswahl fiel die Entscheidung natürlich nicht schwer.

Beim Essen meiner Pizza Margherita hatte ich draußen vor der Bar die Ruhe noch alleine genossen, etwas später gesellten sich dann einige Gäste hinzu. Während ich ein paar Zeilen in meinen Netbook schrieb, setzte sich ein aus Süddeutschland stammendes Paar ohne zu fragen mit an meinen Tisch, obwohl andere Tische nicht besetzt waren. Ein Gespräch kam auf meine Rückfrage, woher sie denn kämen ,nicht zu Stande, er oder sie antwortete nicht, sie hatten offensichtlich anderen Stress. Bei der Unterhaltung zwischen den beiden bekam ich dann mit, dass nur er erzählte. Wenn sie etwas sagte, machte sie sogleich einen Rückzieher, sobald ihm etwas an ihrer Äußerung nicht gefiel. Der Umgang miteinander schien mir Routine zu sein, deshalb hielt ich mich raus, schrieb ein paar Zeilen in meinen Bericht und hoffte, dass sie endlich gingen, sie nervten und verdarben mir den Abend.

Irgendwann bequemte sich der Herr doch tatsächlich, mich am selben Tisch zu registrieren und  mich zu fragen, woher ich denn käme. Ich tat auf sehr beschäftigt, ignorierte ihn und gab ihm eine merklich knappe Antwort. Etwas später bekam ich noch mit, wie er über alles Mögliche aus seinem vergangenen Urlaub nörgelte. Was war das nur für ein Mensch, ich war nahe daran ihn zu fragen, ob es irgendetwas Positives in seinem Leben gäbe, seine Frau tat mir einfach nur leid.

Wie schön, dass an dem Abend noch ein wirklich nettes deutsches Ehepaar erschien, mit dem ich mich noch einige Zeit unterhielt.

 


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 17.Tag: Hinauf zum Passo Cento Croci oder meine Fahrt durch die Apenninen

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
24.06.2012 86 1550 1300 10400 Camping

 

Als ich um 07:00 Uhr das am Abend zuvor bestellte Frühstück bekam, saß ich nicht alleine draußen vor der Bar. Ein bayrisches Ehepaar in Begleitung ihrer oder seiner Mutter saß an einem der Tische, frühstückten bereits und hatten sichtlich gute Laune. Der Nörgler vom Vorabend mit seiner eingeschüchterten Frau hätte mir gerade noch gefehlt. Mit den Bayern unterhielt ich mich eine Zeitlang über „Gott und die Welt“, ein sehr nettes Gespräch, eine freundliche Verabschiedung, um 07:30 Uhr saß ich kurz darauf auf dem Rad. Auf sehr kleinen und am Sonntag kaum befahrenen Straßen tastete ich mich langsam an die Apenninen heran. Einige Rennradfahrer und Mountainbiker waren unterwegs, sie riefen mir etwas zu, was ich nicht verstand, sie wollten mich wohl anfeuern, was ich sehr nett fand.

In dem kleinen Ort Castellarano hatte ich das Erlebnis, dass mich eine ältere Dame dermaßen zuquatschte, dass ich fast schon fliehen musste. Sie wollte einfach nicht registrieren, dass ich von dem, was sie sagte, so gut wie nichts verstand. Ich hatte überhaupt keine Frage gestellt, einzelnen Gesprächsbrocken konnte ich entnehmen, dass sie mir einiges über den Ort erzählte, dann wieder erklärte sie mir, wo der Supermarkt zu finden sei. Ich nahm es locker und nutzte die Chance, die sich in einer winzigen Redepause ergab und ergriff die Flucht.

An dem Tag hatte ich ordentlich mit Höhenmetern zu kämpfen, genoss aber trotzdem die herrliche Ruhe in der Natur. Dieser Sonntag strahlte etwas Besonderes aus. Die älteren Menschen hatten in den Dörfern ja die Gewohnheit, bereits morgens draußen vor der Bar zu sitzen und Karten zu spielen, es war ihre Freizeitbeschäftigung. Als ich in Lugo, einem sehr kleinen Ort, vor der einzigen Bar eintraf, stand plötzlich das „halbe Dorf“ um mich herum. Während einige beim Betrachten meines bepackten Gespanns munter drauf los plapperten, von dem ich leider wenig verstand, bemerkte ich, wie ein älterer Herr in die Bar lief, anscheinend um Hilfe zu holen. Es dauerte nur einen Moment, dann kam er mit dem Mann aus dem alten Gebäude, der wohl die einzigen Brocken Englisch sprach. Viele Fragen prasselten auf mich ein, auf die ich artig eine Antwort gab. Wenn ich an die Situation zurück denke, fällt mir immer wieder ein, dass ich mich dort zu keiner Zeit bedrängt oder unwohl fühlte, nein ich fühlte mich trotz der sprachlichen Probleme unter ihnen absolut wohl.

In Palagano radelte ich durch eine Art Stadtfest, gleichzeitig gab es einen Markt. An den Marktständen und den freundlich grüßenden Menschen vorbei, radelte ich in Ruhe durch den Ort, hielt dort aber nicht an, zu viele „Zeit fressende“ Höhenmeter standen an dem Tag noch auf dem Programm. Die letzten Kilometer hinauf zum Passo Cento Croci waren schon ein ziemlicher Kampf. Erstens gab es eine Senke von 100 Höhenmetern, darüber hinaus zog die Straße immer mal wieder auf 12 % Steigung an. Erst um 16:00 Uhr stand ich oben auf der Passhöhe.

Auf der Abfahrt in meinen Zielort Pievepelago gab es noch ein paar kleinere Gegensteigungen, um kurz vor 17:00 Uhr war es dann aber geschafft. Auf dem Campingplatz gab es ein sehr schönes Restaurant, in dem ich auch den Abend verbrachte. Ein paar Zeilen über den Tag schreiben, lecker essen und ein wenig Fußball schauen, reichte als Abendbeschäftigung und rundete den Tag ab.  Die Stimmung im Restaurant war an dem Abend sehr gut, kein Wunder, wo doch Italien im EM Spiel gegen England gewann. Ich freute mich erkennbar mit den italienischen Gästen und lies sie merken, dass ich auf ihrer Seite stand.

 


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 18.Tag: Der Passo delle Radici oder auf nach Lucca und Pisa

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung

25.06.2012

103 1653 900 11300 Camping

 

So kann man sich täuschen! Meine Erwartungshaltung bezüglich des Campingplatzes in Pievepelago war nicht sehr hoch gewesen. Die 12 Euro für die Übernachtung lagen preislich im Schnitt, er bot aber eine recht gute Qualität. Saubere Sanitäranlagen und ein richtig tolles Restaurant, was brauchte ich mehr? Als ich den Platz morgens um 07:00 Uhr verließ, war ich alleine, keine Menschenseele zu sehen. Die Schranke war noch nicht geöffnet, mein Gespann passte glücklicherweise durch eine kleinere Tür.

Die Entscheidung wieder früh zu starten, war genau richtig gewesen, bereits um 10:15 Uhr hatte ich die ersten 750 Höhenmeter absolviert. Es war eine schöne Fahrt in noch angenehmer Morgenkühle bei sehr wenigem Verkehr. Auf der Passhöhe des Passo delle Radici machte ich an einer Bar eine kurze Pause, danach ging es die letzten steilen 100 Höhenmeter hinauf nach San Pellegrino in Alpe. San Pellegrino in Alpe liegt in etwa auf einer Höhe von 1607 m ü. NN. Als ich über die höchste Stelle radelte, hatte ich nach erst 17 Tageskilometern die Höhenmeter des Tages geschafft. Dort oben gab es zur Belohnung eine grandiose Aussicht über die Apenninen.

Die wenigen Häuser in San Pellegrino wurden um eine Wallfahrtskirche herum gebaut. Der kleine Ort steht auf einem Felsensporn weit über Castelnuovo di Garfagnana. Der Ort ist weithin für seinen fantastischen Ausblick über den Apenninenhauptkamm der Garfagnana bekannt. Über die Entstehung des kleinen Ortes gibt es wohl eine Legende, die besagt, dass im siebten Jahrhundert an jenem Ort ein Wandersmann namens San Pellegrino nach langer Wallfahrt gestorben sei. San Pellegrino war angeblich ein Adeliger, ein Sohn eines irischen Königs, von denen es im Mittelalter wohl sehr viele gab. Von der katholischen Kirche wurde er als Heiliger nicht anerkannt. In Norditalien wird er in manchen Gegenden wohl verehrt, weil der den großen „Putzlappen“ schwang und die Gegend von Dämonen säuberte. Interessant, was für Geschichten sich manchmal über Jahrhunderte hielten.

Von einer Höhe in 1607 m bis nach Pisa auf eine Höhe von 6 m hinab zu radeln hat man wohl nicht gerade jeden Tag.  Die ersten 20 km von insgesamt 87 Abfahrtskilometern gingen steil bergab, ich hatte auf der Strecke einen Spaß wie auf einer Abfahrt schon lange nicht mehr. Kleine Dörfer, Bauernhöfe und Blicke von Menschen sind mir in Erinnerung geblieben, die nur eines zu sagen schienen, wo kommt denn der Verrückte mit dem Hänger her. Weiter in Richtung Lucca war das Gefälle nur noch gering, der Verkehr nahm zu und es wurde enorm heiß. Den rückwärtigen Verkehr ständig im Rückspiegel beobachtend, raste ich mit durchschnittlich 30 km pro Stunde weiter ins Tal.

Lucca erreichte ich nach etwa 80 Tageskilometern ungefähr um 14:00 Uhr. Was für eine tolle Stadt, ich hatte kaum das Stadttor passiert, da kam ich aus dem Fotografieren nicht mehr raus. Ich war mir sofort sicher, in diese Stadt musste ich mit meiner Frau auf einer Städtereise noch mal hin. Einen leckeren Eisbecher gönnte ich mir in der tollen alten Stadt, danach machte ich mich wieder auf den Weg. Zwischen Lucca und Pisa gibt es noch einen Anstieg über 100 Höhenmeter, der aber ohne Probleme zu bewältigen war. Etwas schwieriger wurde der Umgang mit der Hitze. Bei 37 Grad im Schatten zu radeln und das meistens in der Sonne, fiel schon ein wenig schwer. Ich spendierte mir deshalb hier und da an einer Bar eine Cola.

Die letzten Kilometer nach Pisa hinein führte mein Weg entlang einer Allee, die links und rechts mit dicken Bäumen gesäumt war. Dort konnte ich bei relativ wenig Verkehr die letzte Strecke im Schatten radeln. Schon von Weitem war der Schiefe Turm von Pisa zu sehen. Bei meiner Ankunft vor dem Schiefen Turm war dort „der Bär los“! Hunderte von Touristen strömten zum Turm von Pisa oder zum daneben stehenden Dom. Mein Gespann erregte dort einige Aufmerksamkeit. Einige Japaner stellten ihre Frauen an mein Rad und machten Fotos von ihnen.

Der Campingplatz ist in Pisa sehr schön, mit der Qualität hätte ich in so einer von Touristen wimmelnden Stadt nicht gerechnet. Er ist nicht weit vom Schiefen Turm entfernt und mit dem Rad in wenigen Minuten erreichbar. Der Service gefiel mir auch recht gut, zumal man auf meiner Frage nach einer Steckdose für meinen Netbook extra ein Kabel zu einem Tisch am Pool ausrollte. Am Abend wurde es noch spannend, als eine Musikanlage mit elektronischem Klavier aufgebaut wurde. Als die Sängerin erschien, füllte sich die Terrasse langsam. Ich klappte den Netbook zu und lauschte eine Stunde lang der Musik, die mir sehr gut gefiel. Und wieder hatte ich einen sehr schönen Tag erlebt.

 


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 19.Tag: Erste Kilometer in der Toskana, eine hügelige Strecke bis San Gimignano

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung

26.06.2012

87 1740 700 12000 Camping

 

Das typisch italienische Ab- und Anmeldeprozedere verhinderte auf dem Campingplatz in Pisa leider einen frühen Start. Die Anmeldung öffnete erst um 08:30 Uhr, so musste ich warten, sie hatten noch meinen Personalausweis. Ich nutzte die Zeit, ging in den direkt gegenüberliegenden kleinen Supermarkt und frühstückte auf einer Bank direkt neben der Rezeption. Mein erster Radkilometer war wieder der Weg zurück zum Schiefen Turm. Ein, zwei Fotos noch, danach ging es hinaus aus der Stadt. Auch wenn es auf dem folgenden Foto nicht so aussieht, waren die ersten Kilometer östlich der Stadt geprägt von starkem Autoverkehr. Überall waren die Menschen wohl auf dem Weg zur Arbeit. Es gab zwar keine gefährliche Situation, die ständige Geräuschkulisse der überholenden Autos machte aber keinen Spaß. In Castelfranco Di Sotto radelte ich kurz einmal in die Innenstadt, danach führte der Weg immer weiter in Richtung Südosten.

Bei der Fahrt in Richtung der ersten toskanischen Hügel wurde es merklich ruhiger, die Straßen waren überwiegend leer, kaum dass ich mal auf einen PKW traf oder dass mich einer überholte. Um die Mittagszeit hatte ich die ersten 50 km hinter mich gebracht, sehnte mich aber nach einer Bar. Die Temperatur war an dem Tag auf annähernd 40 Grad gestiegen. Die Hitze, die vom Asphalt zusätzlich noch reflektiert wurde, erschwerte das Radfahren auf ein unerträgliches Maß. Kilometer um Kilometer radelte ich so langsam vor mich hin, bis ich an einer Tankstelle bei Bottega Genovini auf eine Bar traf. Dort war erst einmal eine längere Pause fällig.

Eine sehr nette Begegnung hatte ich dort mit dem mich bedienenden älteren Ehepaar. Sie sprachen Englisch, befragten mich nach meiner Tour und sorgten um mein leibliches Wohl. Sie waren begeistert von meiner langen Reise und hatten sichtlich ihren Spaß dabei, den ausgelaugten Tedesco (Deutschen) gut zu versorgen.

Danach ging es schweißtreibend hinauf nach Montaione. An den Kern des kleinen Ortes konnte ich mich nicht mehr richtig erinnern, wir hatten 1998 einen Familienurlaub dort verbracht. Weniger Kilometer weiter erreichte ich auf einer Höhe von 530 m ü. NN den höchsten Punkt des Tages. In unmittelbarer Nähe sah ich auch das Anwesen, das wir 1998 als Feriendomizil gemietet hatten. Das Haus hatte man in den letzten Jahren wohl noch deutlich aufgewertet, inzwischen gab es auch einen Pool.

Weiter in Richtung San Gimignano  traf ich auf 4 Radler aus Deutschland. Sie standen auf einer Hügelkuppe im Schatten und machten eine Pause. Sie waren nach Lucca geflogen, machten eine 1-wöchige Rundtour und hatten wohl dasselbe Ziel, den Ort San Gimignano. Tja und dann sagte einer der Radler: „ Grüß mir den Hermann I….., ich bin Bäckermeister in Lüdenscheid und wir kennen uns.“ Hermann war unser Ehrenvorsitzender im Verein und ebenfalls Bäckermeister von Beruf. Die Welt war mal wieder klein. Nachdem wir ein wenig gequatscht hatten, machte ich mich vor ihnen auf Weg. Bis San Gimignano waren es nur noch wenige Kilometer und die gingen bis kurz vor dem Ort nur bergab.

Die letzten 50 Höhenmeter in den Ort hinauf und es war geschafft. Es war richtig schön nach den vielen Jahren noch einmal durch den Ort zu laufen.

San Gimignano besitzt einen sehr gut erhaltenen mittelalterlichen Stadtkern. Der Ort wird auch „Mittelalterliches Manhattan“ oder „Die Stadt der Türme“ genannt. Der historische Stadtkern ist seit dem Jahr 1990 Teil des Weltkulturerbes der UNESCO. San Gimignano besitzt noch einige der mittelalterlichen Geschlechtertürme, die in anderen Städten wohl nur noch als Stümpfe erhalten sind. Die reichen Familien im Mittelalter versuchten, sich in der Höhe der Türme gegenseitig zu übertrumpfen und damit ihre Macht zu demonstrieren. Das schien ihnen wichtiger zu sein, als ein luxuriöses Leben, das in solchen Türmen nicht möglich war. Von den einst 72 Geschlechtertürmen existieren heute nur noch 15.

Die vier Radler traf ich im Ort auch noch kurz wieder, sie waren auf der Suche nach der schon zu Hause vorgebuchten Unterkunft. Zum Campingplatz zwei Kilometer südlich des Ortes musste ich fast nur noch bergab. Es war ein Platz mit sehr viel Schatten, der mir recht gut gefielZu sehr ausgelaugt von den Temperaturen des Tages, verbrachte ich den Abend auf dem Platz. Das Essen im Restaurant war seit langem mal wieder richtig gut und reichlich und der Blick in der Dämmerung auf San Gimignano mit seinen Türmen wunderschön.

 


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 20.Tag: Enorm heiß war es auf der kurzen Strecke nach Siena

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung

27.06.2012

50 1790 400 12400 Camping

 

An dem Tag stand meine kürzeste Tagesetappe über 40 km auf dem Programm, es bestand also kein Grund zur Eile. Nach den schweißtreibenden Etappen über die Apenninen und durch die ersten toskanischen Hügel fühlten sich meine Beine müde an. Ich war gespannt darauf, wie es an dem Tag in der angekündigten Hitze laufen würde. Ich verabschiedete mich noch von einem älteren österreichischen Ehepaar, dass ich am Abend zuvor im Restaurant kurz kennengelernt hatte und machte mich auf den Weg. Ja, die Toskana ist hügelig, die Landschaft, die ich an dem Morgen durchradelte war sehr schön, aber es war enorm heiß, gut das die Tagesetappe recht kurz war.

In Colle di Val D´Elsa machte ich ein Foto von der Festung und radelte ein wenig durch die Innenstadt. Um 12:00 Uhr erreichte ich nach einer Fahrt auf sehr welligem Profil und insgesamt 500 Höhenmetern Siena. Ich radelte zunächst zum Campingplatz, der am Nordrand der Stadt auf einem Hügel liegt. In den alten Stadtkern von Siena wollte ich erst am späten Nachmittag fahren, um den Mittag herum war es viel zu heiß.

Nach dem Zeltaufbau stand zunächst „sich Erfrischen“ auf dem Programm, ich legte mich eine gute Stunde an den sehr schönen Pool, etwas Relaxen musste auch mal sein. Erinnerungen wurden wach, im Jahr 1996 hatten wir diesen Platz bereits auf unserer Toskana Radtour kennengelernt, den Pool gab es damals aber wohl noch nicht.

Am späten Nachmittag sauste ich die 50 Höhenmeter hinab in die Stadt. Am Piazza del Campo wurde gerade alles für den eine Woche später stattfindenden Palio hergerichtet. Der Lehmboden für das traditionelle Pferderennen war schon aufgetragen. Da ich schon dreimal in Siena gewesen war, fotografierte ich ein wenig und schob mein Rad  gemütlich durch die Innenstadt. Die meisten Sehenswürdigkeiten Sienas hatte ich ja bereits schon mal gesehen.

Meine Beine fühlten sich an dem Tag etwas müde an. Auf dem Rückweg zum Campingplatz reifte der Entschluss, einen weiteren Pausentag einzulegen, er war wohl dringend nötig. 1790 km war ich nun von Dorsten meinem Heimatort fort. Insgesamt hatte ich dafür 18 Tage auf dem Rad verbracht und zusätzlich zwei Pausentage eingelegt. Der nachfolgende Tag sollt der dritte Pausentag werden.

 


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 21.Tag: Pausentag in Siena

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung

28.06.2012

5 1795 100 12500 Camping

 

Die Entscheidung einen Pausentag einzulegen, war genau richtig gewesen. Am Abend zuvor hatte ich bereits um 21:30 Uhr auf meiner Matte gelegen. Als ich an dem Morgen wach wurde, war es bereits 09:15 Uhr. So lang hatte ich auf der Tour noch nie geschlafen. Das Zelt stand im Schatten, sonst wäre so ein langer Schlaf wohl nie möglich gewesen. Wieder topfit, ging ich um 09:30 Uhr als Erstes wieder an den Pool.

Irgendwann im Laufe des Vormittags lief ich nach vorne zur Rezeption. In der dortigen Bar hatte ich am Abend zuvor bereits einen Platz mit Steckdose gefunden. Das mitgeführte Equipment wie Netbook, Iphone und Kameraakkus mussten ja immer mal wieder aufgeladen werden. Nach dem Mittag wollte ich noch einmal hinunter in Richtung Innenstadt. Dort in der Nähe des Bahnhofes sollte es einen Geldautomat geben. Bei Verlassen des Platzes kam mir ein Radler mit einem hochbepackten Koga Ronndoneur entgegen. Bei dem netten Radler handelte es sich um Karl Schroer aus Schwalmtal bei Mönchengladbach. Er war wie ich von zu Hause aus nach Italien geradelt und ebenfalls auf dem Weg nach Rom.

Nach meiner Fahrt zum Geldautomat verbrachte ich den ganzen Nachmittag noch sehr erholsam am Pool. Mit Karl hatte ich vereinbart, mich am Abend zu Beginn des Halbfinalspiels der EM in dem Deutschland gegen Italien spielte, in der Bar zu treffen. Einen Platz für uns zwei hatte ich bereits frühzeitig reserviert. Die Stimmung in der Bar war an dem Abend hervorragend. Leider verlor Deutschland das Spiel gegen Italien mit 1:2 und war damit aus der EM ausgeschieden.

  

 

 


 

 22.Tag: Das Thermalbad Bagno Vignoni und die Fahrt nach Quiricio

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung

29.06.2012

63 1858 500 13000 Unterkunft auf einem Bauernhof

 

Sehr gut klappte es an dem Morgen, Siena zu verlassen und die richtige Ausfallstraße zu finden, Karl war begeistert von meinem GPS-Gerät. Einfach dem zu Hause geplanten Track im Gerät folgen zu können, war toll. Man musste auf keine Straßenschilder achten und kam zügig voran. Am Abend zuvor hatten wir gemeinsam beschlossen, eine Teilstrecke in Richtung Rom gemeinsam zu fahren. In Buonconvento legten wir eine kurze Pause ein, ansonsten fuhren wir mit Ausnahme von wenigen Trinkpausen durch.

Die Altstadt von Buonconvento stammt weitgehend aus dem 14. Jahrhundert und ist gut erhalten. Sehenswert sind wohl auch die Pallazi der Stadt, sowie das beeindruckende Stadttor Porta Senese. Das südliche Haupttor der Stadt, Porta Romana, wurde 1944 im Zweiten Weltkrieg von deutschen Truppen zerstört. Wir radelten von Norden kommend durch die Porta Senese in die alte Stadt, schoben unsere Räder ein wenig durch die alten Gassen, machten uns aber relativ zügig wieder auf den Weg.

In Siena auf dem Campingplatz hatte ich meine weitere Strecke nach Rom umgeplant. Die ursprüngliche Strecke über Assisi war etwa 80 km länger, mir war es in der Toskana aber zu heiß. Da Karl ohnehin der SS2 nach Süden folgen wollte, schloss ich mich ihm an. Unser nächster Zielort hieß Quiricio.

Bereits um 13:00 Uhr erreichten wir Quiricio. Dort sollte es laut Karte einen Campeggio geben, den wir auch relativ schnell fanden. Der Platz bestand aber nur aus einem Wohnmobilstellplatz, eine Möglichkeit zu zelten gab es nicht. Also radelten wir wieder in die Innenstadt, dort sollte es  eine Unterkunft geben. Die private Unterkunft gab es auch, wir hatten aber wieder kein Glück. An der Tür war eine Telefonnummer angeschlagen, die wir wählten. Die einzige Antwort, die wir verstanden lautet „complet“. Die Barbesitzerin nebenan erklärte uns, dass das eigentlich nicht sein konnte, vermutete aber, dass sie aufgrund eines Todesfalls in der Familie momentan nicht vermietete. Inzwischen waren seit unserer Unterkunftssuche 1 ½ Stunden vergangen und wir waren noch keinen Schritt weiter. In Quirico gab es wohl noch so etwas wie eine Pilgerherberge, unser letzter Versuch. Karl lief in das Gebäude, während ich auf unsere Räder aufpasste. Nach kurzer Zeit kam er zurück, er hatte wohl einige Pilger oder Priester im Mittagsschlaf gestört. Für uns waren keine Betten mehr frei. Da es im Ort keine weitere Möglichkeit gab, radelten wir wieder zurück auf die SS2 und dann weiter nach Süden. Vielleicht konnten wir ja auf einem der Bauernhöfe unterkommen, auf die man unterwegs in der Toskana immer mal wieder traf. Nach noch zwei Versuchen hatten wir es endlich geschafft. Wenige Kilometer vor dem Thermalbad Bagno Vignoni fanden wir ein schönes altes Gehöft, dass Doppelzimmer vermietete. Bei der Ankunft waren im Haus nur Kinder anwesend. Sie telefonierten daraufhin mit ihrer Mutter, nach deren O.k. zeigten sie uns dann das Zimmer.

Am späten Nachmittag unternahmen wir noch einen kleinen Ausflug und radelten ohne Gepäck zum Thermalbad Bagno Vignoni. Dort gab es mehrere Bars und Restaurants, in einem nicht so teuren verbrachten wir gemeinsam einen sehr unterhaltsamen Abend. Was wir in dem Restaurant noch nicht wussten, war die Tatsache, dass die Person, die uns bediente, die Mutter der Kinder war, die uns an unserer Unterkunft empfangen hatten.

 


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 23.Tag: Auf bekannten Straßen am Bolsena See

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung

30.06.2012

68 1926 600 13900 Camping

 

Die Übernachtung in einem Hotelbett war Luxus pur! Obwohl in der Nacht noch ein paar Spätankömmlinge erschienen und Autotüren knallten, fühlte ich mich an dem Morgen gut ausgeschlafen. Bei den 45 Euro pro Person gab es noch ein leckeres Frühstück, das rundete dann den Morgen so richtig ab. Karl und ich hatten vereinbart, an dem Tag gemeinsam noch bis Acquapendente zu radeln, danach würde jeder wieder seiner eigenen Route folgen. Wir verstanden uns prächtig, es gab kein Problem. Wir hatten beide die gleiche Sicht, dass jemand, der von zu Hause alleine nach Rom gestartet war, auf dem Petersplatz auch alleine ankommen müsste. Wir beide waren uns da absolut einig.

Bei noch angenehmer Temperatur sausten wir das kurze Stück ins Tal bis zu der Stelle, wo wir am Tag zuvor nach Bagno Vignoni abgebogen waren, danach ging es kontinuierlich bei mäßigen Steigungsprozenten bergauf. Das Verkehrsaufkommen war mäßig und wir kamen gut voran. Es machte Spaß durch die Kornkammern Italiens zu radeln. Überall wurde bereits das Getreide geerntet, wunderschöne Blicke gab es auf die umliegenden Gehöfte.

Am höchsten Punkt des Tages, etwas südlich von Fornace in 540 m Höhe gibt es einen Tunnel, den wir aufgrund des Gefälles zügig passieren konnten. Mir unseren LED Leuchten war das kein Problem, ab dem Punkt ging es dann bis wenige Kilometer vor Acquapendente nur bergab. Kurz vor dem Anstieg in den Ort hinauf nach Acquapendente trafen wir noch auf eine Radlerin aus Freiburg, die auf einer Rundtour alleine unterwegs war. An der Stelle gab es an der Straße einen Obststand, wo Karl leckere Kirschen kauften. Mit der Radlerin unterhielten wir uns kurze Zeit über unsere Touren, dann radelte aber jeder seinen Weg. Mit dem Beutel Kirschen am Rad kurbelten wir langsam hinauf nach Acquapendente.

Oben im Ort trennten wir uns wie vereinbart. Karl wollte sich noch einen Pilgerstempel holen, ich ging ein wenig in den Ort. Wir verabschiedeten uns herzlich und versprachen, wieder zu Hause einige Fotos auszutauschen. Ich schob mein Gespann noch ein wenig durch den Ort, trank draußen vor einer Bar eine Cola und radelte dann aber in Richtung St. Lorenzo. Ab dort war ich auf bekanntem Terrain, weil ich am Bolsena See mit meiner Frau einmal im Urlaub gewesen war. Bis zum Bolsena See ging es fast nur noch bergab. Unten am See konnte ich das Haus in den Bergen liegen sehen, dass wir im März 2010 gemietet hatten, der Urlaub am Bolsena See war noch nicht so lange her.

Die Campingplatzsuche gestaltete sich zunächst etwas schwieriger als gedacht. Der erste, auf den ich traf, war mit einer Dusche etwas minimalistisch ausgestattet, dort wollte ich nicht bleiben. Am Bolsena See gibt es aber mehrere, aus dem Grund war das kein Problem. Ein paar hundert Meter weiter hatte ich Glück, der Platz hatte einen Pool, ein Restaurant und einen eigenen Zugang zum Bolsena See.

Später am Pool war es noch richtig schön. Auf dem Rasen schlief ich kurzfristig ein, was in Anbetracht meiner Wertsachen etwas sträflich war, eine wirkliche Gefahr hatte ich aber aufgrund der wenigen Badegäste nicht gesehen.

Beim Abendessen im Restaurant wurde ich von zwei italienischen Kindern noch richtig eingenommen. Sie redeten und redeten, ich verstand ja nichts, sie fanden es aber richtig lustig. Ich zeigte ihnen ein paar Fotos vom Passo Stelvio, der war doch in Italien selbst den Kinder ein Begriff. Andächtiges Staunen war die Folge. Der Abend mit den Kindern und den Eltern, die immer wieder als Übersetzer fungieren mussten war jedenfalls recht lustig, nicht nur für die Kinder, auch für mich.

 

 


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 24.Tag: In Monterosi ist die 2.000 km - Marke geknackt

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung

01.07.2012

85 2011 600 14300 Camping

 

Die beiden Kinder vom Abend zuvor winkten, als ich den Platz verließ, sie hatten mich beim Zeltabbau schon die ganze Zeit beobachtet, sich aber nicht getraut, näher zu kommen. Am Bolsena See entlang verlief die Straße zunächst sehr flach, am südöstlichen Ende geht es dann bergauf nach Montefiascone. Bis in den schon von weitem zu sehenden Ort muss man 200 Höhenmeter hinauf, im Vergleich zu den Tagen in den Alpen zählt der Anstieg aber eher zur einfachen Kategorie.

Am Orteingang trank ich draußen vor der Bar einen Cappuchino. Es war Sonntag, es machte richtig Spaß, die Einheimischen zu beobachten. Die einen spielten Karten, andere standen draußen vor der Tür. In lautem Ton wurden über alles Mögliche Themen diskutiert, ich verstand relativ wenig, spürte aber das pulsierende Leben im Ort. Auf der ersten Abfahrt des Tages führte mein Weg 250 Höhenmeter hinab nach Viterbo. Der Ort hatte zwar eine alte Stadtmauer, gefiel mir im alten Kern aber nicht so gut wie andere Städte, durch die ich bereits gefahren war. Im alten Stadtteil waren die Häuser teilweise etwas schmucklos.

An dem Sonntag war es in den Morgenstunden noch sehr ruhig in der Stadt, die Männer des Ortes sammelten sich in den Bars, lasen eine Zeitung oder redeten einfach miteinander. Man traf sich, um über Weltpolitik oder Neuigkeiten im Ort zu reden. An der Piazza del Plabiscito beobachtete ich dieses Treiben eine Zeit lang und lief dann weiter durch den Ort. An der Piazza Fontane Grande traf ich neben einem Brunnen auf eine Gruppe Touristen mit Führer. Sehr schnell wurde ich mit meinem Hänger, wie schon häufiger auf meiner Reise, Fotoobjekt. Um 11:00 Uhr verließ ich den Ort durch das südwestliche Stadttor an der Piazza San Sisto und durchradelte die kleineren Orte Vetrella, Caprancica und Sutri.

Hinter dem kleinen Ort Sutri traf ich auf eine Szenerie, mit der ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Urplötzlich sah ich rechts ein mittelalterliches Stadtfest. Den Platz, auf dem verschiedene Zelt und Stände aufgebaut waren, hätte man besser nicht wählen können. Eingerahmt vor prähistorischen Felshöhlen, war das Bild, das sich bot, ein tolles Fotomotiv. Ich schaute mir das ganze von der Straße aus an, wenige Touristen liefen zwischen den Zelten, viel war um die Mittagszeit dort nicht los.

500 m weitergeradelt dann das nächste Fotomotiv. Bei meiner Planung der Strecke hatte ich den Parco Antichissima Città Di Sutri überhaupt nicht mit einbezogen. Bei dem Gelände handelt es sich um einen ca. 7 Hektar großen Park, der im Jahr 1958 errichtet wurde. Der italienische Garten enthält als ungewöhnliche Sehenswürdigkeiten eine kleine etruskische Felsennekropole und ein anscheinend von den Etruskern in Tuffstein gehauenes elliptisches Amphitheater. Mein Rad musste ich am Eingang stehen lassen, die Gebühr zu Besichtigung hielt sich in Grenzen.

Auf dem weiteren Weg zum Lago Bracciano hatte ich in dem kleinen Ort Monterosi noch meinen Spaß, weil in den Straßen kleine Fähnchen über die Straßen gespannt waren. Es sah aus wie für mich gemacht, denn mir fehlten nur noch wenige 100 Meter bis zur 2.000 km-Marke. Spaß muss sein, dachte  ich auf dem Rad, machte ein Foto mit dem IPhone und lud das Foto nach Facebook hoch. Mit dem Kommentar „Extra für mich“ versehen, fand es auch zu Hause reichlich Resonanz. Die letzten 11 km bis zum Lago Bracciano waren, wenn man von wenigen kleineren Steigungen absieht, leicht zu radeln.Um 15:20 Uhr am frühen Nachmittag war ich im Ziel.

Der Campingplatz Smeralda ist unter holländischer Leitung, insofern war die Kommunikation mit dem Platzwart überhaupt kein Problem. An dem Nachmittag erfrischte ich mich noch ein wenig im Pool und lief ein wenig am See entlang, ich fand es dort sehr schön.

Eine Möglichkeit zu essen gab es auf dem Campingplatz nicht, also ging ich an dem Abend in ein nahegelegenes Restaurant. Das Essen war leider die reinste Abzocke, als man mir ein großes Bier für 8 Euro andrehen wollte, lehnte ich ab und begnügte mich mit einem kleinen für 4 Euro. Das Essen war für 25 Euro fast nicht genießbar, reichlich verärgert lief ich an dem Abend zurück zum Campingplatz, meine Reklamation hatte man „natürlich“ nicht verstanden.

Etwas später stieg die Stimmung wieder, als ich mir mit vielen Italienern und einigen Niederländern das Endspiel der Europameisterschaft Spanien gegen Italien anschaute. Was hatten sich manche Jugendliche in Italien mir gegenüber überheblich gezeigt. Italien war ihrer Ansicht nach der Meister der Welt, dass schienen sie aus ihren Fenstern zu schreien, wenn sie mich mit der Deutschlandfahne am Hänger überholten. Ich bin ehrlich, als es 2:0 für Spanien stand und die Stimmung vor dem riesigen Flachbildschirm merklich trüber wurde, blieb ich still. Mein Wunschgedanke „Und noch ein Tor für Spanien“ wurde an dem Abend erhört. Als es 4:0 stand, ging ich fröhlich vor mich hin grinsend schlafen.

 


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 25.Tag: Ankunft vor dem Petersdom

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung

02.07.2012

56 2067 200 14500 Camping

 

Es sollte meine letzte Tagesetappe sein, 37 km waren es noch bis zum Petersdom. Noch angenehm kühl, war es sehr schön morgens am Lag di Bracciano entlang zu radeln. Zuvor hatte ich mich noch mit dem niederländischen Platzbesitzer unterhalten. Er besaß auf dem Platz so etwas wie einen Logistikpunkt für den Transport von Rädern. Tags zuvor hatte ich bereits bemerkt, dass einige niederländische Reiseradler ihre Räder bei ihm abgaben, die er dann etwas demontiert in eine Garage stellte. Wenige Tage später wurden sie wohl verladen und in die Niederlande transportiert.

Das Gefühl, die letzten Kilometer nach Rom zu radeln, konnte man nicht beschreiben, was für eine gewaltige Reise lag doch bereits hinter mir. Die Freude darüber, in wenigen Kilometern tatsächlich mit meinem Gespann in Rom zu stehen, vermischte sich mit der Freude in wenigen Tagen Frau und Kinder wiederzusehen.

Auf den letzten Kilometern durch die nördlichen Randbereiche Roms wurden die Straßen immens voll. In Deutschland kam mir ja schon so manches Mal der Gedanke, das Auto fahren manchmal keinen Sinn mehr machte! Die Situation wie auf den letzten Kilometern vor den Toren Roms war katastrophal. Ich fuhr über 9 km langsam rechts an stehenden Autos vorbei und war deutlich schneller als alle PKW. Warum kam hier niemand auf die Idee über Alternativen nachzudenken, zum Beispiel mit dem Rad zu fahren? Gleichzeitig hätten sie etwas Bewegung. Egal, ich spielte in Gedanken mal weder den Moralapostel und doch war an meinen Gedanken ,so glaube ich, doch vieles dran. Über die Ponte Flaminio erreichte ich den historischen Kern von Rom.

Schon der erste Eindruck von Rom war gewaltig, alle Gebäude um ein vielfaches vergrößert. Mit meinem Rad nutzte ich die Taxi und Bus-Spur, es war einfach und effektiv zu gleich. Kein Auto störte mich, den Taxi- und Busfahrern, die mich überholten, war es egal. Bereits um 11:00 Uhr stand ich vor dem Petersdom. Was war das für ein unglaubliches Gefühl? Ich stand doch tatsächlich mit meinem Gespann nach ca. 2.050 km vor dem Petersdom. Irgendwie konnte ich es nicht glauben, ich war von zu Hause aus mit eigenen Kräften bis nach Rom geradelt. Vor dem Petersdom hielt ich mich über eine Stunde auf, danach ging es wieder auf den Weg. Ich hatte für meine Familie und Freunde ein Foto auf die Internetplattform Facebook hochgeladen, sie waren über meine Ankunft bereits informiert.

Eine kleine Rundtour durch Rom machte ich an meinem Ankunftstag noch mit dem Rad. Das Colosseum, das Forum Romanum und Circo Maximo lagen praktisch auf meinem Weg. Mein Zielort des Tages, ein Campingplatz im Westen Roms, befand sich ca. 7 km vom Colosseum entfernt. Ich war mit meiner Frau schon vor einigen Jahren mehrere Tage gemeinsam in Rom gewesen, vor dem Colosseum noch mal mit dem Rad zu stehen, war schon etwas Besonderes.

Auf dem Weg vom Colosseum zum Circo Maximo staunte ich nicht schlecht, als ich von der Seite angesprochen wurde: „Sind sie Herr Föcker aus Dorsten?“ Ich dachte zunächst, ich höre nicht richtig, aber es war wahr. Familie Kribbel war in Rom wohl auf Geburtstagstour unterwegs, sie stammten aus Dorsten und kannten vom Tanzsport her auch unsere Kinder und deren Freunde. Was war das für eine nette Begegnung! So in Rom empfangen zu werden, hatte ich nicht erwartet.

Auf dem Weg zum Campingplatz radelte ich nach dem kurzen Stop am Circo Maximo an einem Radgeschäft vorbei. Ich hatte noch zu Hause von drei Geschäften die GPS-Koordinaten in meinem Gerät gespeichert. Ich hoffte, in einem der Geschäfte einen Karton für meinen Rückflug am 05.07.2012 zu bekommen. Der erste Versuch bei einem älteren Italiener scheiterte, er sprach kein Englisch und war sehr abweisend. Beim zweiten, keine 200 m weiter, klappte es dann. Der dortige Ladenbesitzer war Indonesier, er sprach hervorragend Englisch und verstand mein Anliegen sofort. Er hatte einen Radkarton und wollte ihn mir bis zum nächsten Tage reservieren. Ich vereinbarte mit ihm, am nächsten Tag ohne Gepäck aber mit Hänger wieder zu kommen, um den Karton vom Geschäft zum Campingplatz zu transportieren. Ich freute mich, die wesentlichen logistischen Probleme für meinen Rückflug so schnell gelöst zu haben.

Bis zum Campingplatz waren dann noch ca. 7 km zu radeln. Der Platz ist sehr luxuriös ausgestattet, eine derartige Qualität hatte ich bei einem Durchgangsplatz nicht erwartet. Den späten Nachmittag verbrachte ich noch am Pool, den Abend im Restaurant. Mir gefiel es auf dem Platz sehr, dort konnte ich die drei Nächte bis zum Rückflug gut verbringen.

 


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 26.Tag - 28.Tag: Wie gelangt man an einen Fahrradkarton, Ruhetag, Rückflug

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung

03.07.2012
05.07.2012

15 2082 100 14600 Camping

 

Meine erste Aktion direkt nach dem Frühstück war, mit dem leeren Hänger über 7 km zum Radgeschäft zu radeln. Vielleicht war ich um 09:00 Uhr noch zu früh, aber der Indonesier war nicht zu sehen und mit allen anderen dort vorhandenen Personen fiel die Verständigung schwer. Tags zuvor hatte ich den Karton noch draußen vor dem Laden stehen sehen, bei meiner Ankunft war er nicht mehr da. Etwas verärgert begann ich mit der Suche von vorn und hatte Glück. Am Ende der Straße mit den etwas eigentümlichen Hinterhof Werkstätten fand ich was ich suchte in einem Haufen von Kartons. Der Karton war etwas breiter als „normale“ Radkartons, mein Rad würde aber nach einer Demontage der Lowrider und des Vorderrades ohne Probleme hineinpassen. Der Morgen war damit doch noch gerettet. Ich befestigte ihn mit Spannriemen auf dem Hänger, er ragte zwar etwa einen Meter über den Hänger nach hinten hinaus, er war aber fest montiert, das Erscheinungsbild war mir ohnehin egal.

Die Blicke der Passanten auf dem Weg zum Campingplatz werde ich wohl nicht vergessen, sie hatten  so etwas wohl noch nicht gesehen. Für den Rückweg benötigte ich kaum länger als für den Hinweg, so das ich bereits um 09:30 Uhr wieder am Campingplatz war. Auf meinem Stellpatz wurde dann das Rad demontiert und so weit möglich den Kartonmaßen angepasst. Etwa eine Stunde später war ich fertig. Der Campingplatz hatte noch einen Info Point, dort konnte ich ein Großraumtaxi für den Transfer am 05.07.12 zum Flughafen reservieren.

Den Folgetag am 04.07.12 verbrachte ich den ganzen Tag auf dem Campingplatz. Ein Ausflug in die Stadt war mir bei knapp 40 Grad im Schatten zu viel. Immer wieder lief ich zum Pool um mich einfach abzukühlen und zu erholen und die Erholung tat nach der langen Radtour richtig gut.

Am 05.07.2012 war meine lange Radtour beendet. Am Morgen meiner Rückreise gab es noch ein wenig Stress, weil am Info Point des Campingplatzes mein Stellplatz falsch notiert wurde. Der Taxifahrer war zum Stellplatz 9 statt 99 gefahren. Dort stand niemand, aus dem Grund war er wieder zum nächsten Termin gefahren. Der Campingplatz hatte aber einen eigenen großen Transporter, der für den Notfall eingesetzt werden konnte, damit wurde mein Transportproblem gelöst.