A  l  p  e  n  r  a  d  t  o  u  r  e  n  .  d  e

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  Daten / Vorbemerkung

 Zeitraum

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Presse

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 27.05.2011 - 11.06.2011

 1.104 km

 11.700 Hm

 

 Datum  km  Σ Km  Hm  Σ Hm Tour Übernachtung
27.05.2011 39 39 245 245 Sevilla - Guillena Hostal Frances
28.05.2011 72 111 1.000 1.245 Guillena - El Real de la Jara Pilgerherberge
29.05.2011 70 181 690 1.935 El Real de la Jara - Pueblo Pilgerherberge
30.05.2011 84 265 450 2.385 Pueblo - Merida Pilgerherberge
31.05.2011 80 345 715 3.100 Merida - Cáceres Pension Carretero
01.06.2011 80 425 730 3.830 Cáceres - Galisteo Hostal Los Emigrantes
02.06.2011 81 506 1.000  4.830 Galisteo - Banos de Montemayor Pilgerherberge
03.06.2011 91 597 1.070 5.900 Banos de Montemayor - Salamanca Pilgerherberge
04.06.2011 70 667 400 6.300 Salamanca - Zamora Pilgerherberge 
05.06.2011 70 737 480 6.780 Zamora - Tabara Hostal El Roble
06.06.2011 60 797 500 7.280 Tabara - Mombuey Pilgerherberge
07.06.2011 62 859 800 8.080 Mombuey - Lubian Hostal Arume
08.06.2011 83 942 1.320  9.400 Lubian - Vilar de Barrio Pilgerherberge
09.06.2011 61 1.003 800 10.200 Vilar de Barrio - Cea Pilgerherberge
10.06.2011 84 1.087 1.250 11.450 Cea - San Pedro de Vilanova Pilgerherberge
11.06.2011 17  1.104 250 11.700 San Pedro de Vilanova - S.d.Compostela  Hostal "25 de Julio"

  

Die Via de la Plata, auch Ruta de la Plata genannt, ist ein aus der Römerzeit stammender Weg (Silberweg), der die andalusische Hauptstadt Sevilla mit der nordspanischen Stadt Astorga verbindet. Fast schnurgerade von Süd nach Nord verlaufend, führt die Via dabei durch die Regionen Andalusien, Extremadura und Kastilien/Leon. Heute handelt es sich dabei um einen relativ wenig frequentierten Jakobsweg, der in Astorga auf den Camino Frances trifft. Noch bevor die Via den Camino Frances erreicht, besteht in Granja de Moreruela die Möglichkeit, auf den Camino Sanabrés abzuzweigen, eine Alternative, die ich wählte, um auf ruhigen Wegen im Bogen um die Nordgrenze Portugals herum durch Galizien nach Santiago de Compostela zu gelangen.

Der alte Weg, über den seit dem Mittelalter Menschen nach Santiago de Compostela ziehen, lässt Spuren zurück. Er bezaubert durch eine auf langen Strecken unberührte abwechslungsreiche Natur genauso wie durch seine alten Städte Sevilla, Merida, Caceres, Zamora und Salamanca, in denen man teilweise glaubt, sich in einem anderen Jahrhundert zu befinden. Die Via de la Plata ist ein Abenteuer, auf das man sich einlassen muss. Viele Kilometer verbrachte ich in einsamer Natur, traf jedoch immer wieder auf herzliche Menschen, mit denen mich eines verband, wir hatten dasselbe Ziel.

Auf der Via de la Plata gibt es bei weitem nicht die Infrastruktur wie auf dem Camino Frances, von der einige Pilger lobend berichteten. Durchzogen von einem dichten Herbergsnetz, war ich jedoch mehrere Male positiv überrascht, was für eine gute Qualität manche Herberge bot.

Der originale Pilgerweg umfasst eine Länge von ca. 1000 km. Das auf meiner Tour insgesamt 1104 km zusammenkamen, hängt im Wesentlichen damit zusammen, dass ich auf manchen Abschnitten dem Originalpilgerweg nicht folgen konnte bzw. wollte oder einfach abends noch kleinere Erkundungs- oder Einkaufstouren unternahm. 

 


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 01.Tag: Sevilla. Italica und die ersten Kilometer bis Guillena

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
27.05.2011 39 39 245 245 Hostal Frances

 

Meine Ankunft in Sevilla begann am Flughafen mit einem großen Schreck. Der Radkarton besaß im oberen Bereich einen größeren Riss, der nichts Gutes vermuten ließ. Den Karton entfernt, war das Malheur dann zu sehen. Das Oberrohr hatte von oben einen Schlag erhalten und war um ca. 5-7 mm platt gedrückt. Darüber hinaus war der Schutzbügel des Schaltwerks dermaßen verbogen, das sich die Schaltung nicht betätigen ließ. Der zweite kleinere Schaden war schnell behoben. Der Bügel ließ sich zurückbiegen, aber was war mit dem Oberrohr? Risse konnte ich auf den ersten Blick nicht erkennen, der Lack war ab, die tiefe Delle sehr deutlich zu sehen. Würde der Rahmen aber stabil genug sein? Nach einer kurzen Testfahrt und der üblichen Prozedur am Reklamationsschalter entschied ich mich für einen Start. Die Tour abbrechen, nein das war zu schade! Viel Zeit hatte ich in die Vorbereitung gesteckt.  Ich wollte den Rahmen zwischendurch immer mal wieder kontrollieren! Mal schauen, ob er hielt.

In gedämpfter Laune radelte ich parallel zur Autobahn in Richtung Stadtmitte und geriet irgendwann auf einen grünen Radweg, der mich zügig bis in die Innenstadt brachte. Die Kathedrale von Sevilla gilt als die größte gotische Kirche der Welt und ist nach dem Petersdom in Rom und der St. Pauls Kathedrale in London die drittgrößte Kirche weltweit. „Bauen wir eine Kirche, damit sie uns für verrückt halten“ soll das Kapitel der Kirche im Jahr 1401 verkündet haben, bevor man sich entschloss, die Moschee abzureißen. Das Minarett, das von den Mauren im Zeitraum von 1184 bis 1197 errichtet wurde, wurde bewahrt. Nach der Rückeroberung durch die Christen im Jahr 1568 wurde dem Minarett ein Glockenturm hinzugefügt. Der heutige Turm ist unter dem Namen Giralda bekannt.

Ich schlenderte ein wenig durch die tollen Gassen der Innenstadt, schaute mir den Alcazarpalast von außen an und machte einige Fotos. Mir fehlte die Zeit für eine umfangreiche Stadtbesichtigung, vielleicht kam ich ja mit meiner Frau auf einer Städtetour noch einmal dorthin. Der Alcazarpalast zählt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Die Konstruktion des Palastes wurde von dem arabischen König Abd Al Ramn   im Jahr 913 in Auftrag gegeben. Der Palast ist ein festungsähnlicher Palast, dessen weitläufiger Gebäudekomplex zahlreichen Königen als Residenz diente. An der Ostseite der Kathedrale traf ich an einem eisernen Tor auf eine Polizistin, die mich das Credential del Peregrino hochhaltend als Pilger identifizierte. Sie bat mich freundlich in einen Raum. Dort erhielt ich den ersten Stempel der Kathedrale von Sevilla, meine Tour konnte beginnen.

Nach einer kurzen Pause in einem nahen Cafe und einem Gespräch mit einigen niederländischen Pilgern verlies ich Sevilla. Vorbei an der großen Stierkampfarena radelte ich über die Puente de Isabel in Richtung Nordwest nach Santiponce.

Mein Ziel war nicht das Städchen Santiponce, sondern die in unmittelbarer Nähe von Santiponce gelegene Ausgrabungsstätte des römischen Italica. Italica liegt etwa 10 km nördlich von Sevilla entfernt. Die alte römische Stadt wurde im Jahr 206 v. Chr. von den Römern gegründet und war lange Zeit ein wichtiger Warenumschlagplatz der Römer in Hispania.  Besonders eindrucksvoll ist das noch sehr gut erhaltene Amphitheater, das mit einer Länge von 160 und einem Fassungsvermögen von 25.000 Zuschauern das drittgrößte römische Amphitheater ist. In späterer Zeit wurde Italica von den Goten als Festung genutzt und wurde Sitz eines Bischofs. Mit der Eroberung der iberischen Halbinsel durch die Mauren im Jahr 711 begann der Niedergang der Stadt. Die verlassene Stadt diente später lange als Steinbruch, bis man zu Ende des 18.Jahrhundert erstmals mit Ausgrabungen begann. Noch heute sind wohl Teile von Italica nicht vollständig ausgegraben.

Ich hatte das eindrucksvolle Italica kaum verlassen, da führten mich die gelben Pfeile auf eine lange Piste, auf der es keine Autos gab. Dort herrschte absolute Ruhe. Ein Hindernis auf der langen Piste war eine Furt, von der ich nicht wusste, ob sie ohne Probleme zu queren war. Auf dem folgenden Bild erkennt man, dass rechts Paletten lagen, über die ich mein Rad sicher auf die andere Seite brachte.

Bei der Ankunft an der Pilgerherberge war ich zunächst enttäuscht, weil der Polizist, der die Pilger empfing, mich als Radler dort nicht schlafen lassen wollte. Fußpilger hatten gewöhnlich Vorrang vor Radpilger, das war mir bekannt. Ich hatte aber doch alle Pilger mit dem Rad überholt und wusste dass nur noch 5 kamen und das es noch genügend freie Betten gab. Da er mein Englisch nicht verstand, blieb es leider bei seiner Entscheidung. Im Ort fand ich das Hostal Frances, mit dem ich recht zufrieden war (23,- Euro incl. Frühstück). Dort bekam ich auch ein vollständiges Abendessen.

Am Abend lief ich noch ein wenig durch den Ort, traf hier und da einen Pilger, den ich Stunden zuvor überholte hatte und schrieb einige Zeilen in mein Tagebuch.

 


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 02.Tag: Auf holprigr Piste nach El Real de la Jara

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
28.05.2011 72 111 1000 1245 Pilgerherberge

 

Mein erstes Frühstück auf der Tour bestand aus der üblichen spanischen Kombination von Café con Leche, Pan Tostados, Mantequilla und Mermelada (Cafe mit Milch, Toastbrot, Butter und Marmelade). Nicht sehr vielseitig, es war aber genug, um gesättigt zu starten. Das Wetter war einfach herrlich, fast keine Wolke am Himmel. Die drückende Hitze vom Nachmittag zuvor war wie verflogen, ein Grund mit, pünktlich zu starten.

Im Ort traf ich auf das am Vortag kurz kennengelernte französische Pilgerpaar. Sie liefen zeitgleich von der Herberge in Richtung Ortsausgang. Wir führten ein kurzes Gespräch, danach war ich allein.  1,5 km östlich von Guillena schwenkte die Via nach Norden auf eine Piste, die auf den ersten Kilometern noch gut zu befahren war. Olivenbäume, Kakteen und Sonnenblumenfelder bestimmten einige Zeit das Bild, bis ich auf einen Weidezaun traf, der südlich das Landgut Cortijo del Chaparral begrenzt. Der Zaun besaß eine Öffnung ohne Tor. Um Vieh daran zu hindern, das Gelände zu verlassen, war im Boden ein Rost eingelassen, dass für Huftiere sicherlich nicht begehbar war.

Mit dem Betreten des Landgutes veränderte sich die Landschaft schlagartig. Der zunächst breite Weg wurde zum schmalen Pfad. Die Vegetation war nun von Korkeichen geprägt, zwischen denen Pferde und Rinder weideten. Vögel zwitscherten munter in den Morgen hinein, Blumen begrenzten meinen teilweise schmalen Weg, ich fühlte mich richtig wohl. Was war das nur für ein schöner Morgen. Lange Zeit war ich auf dem ca. 10 km langen Terrain alleine unterwegs. Die einzigen, die ich traf, war eine Gruppe spanischer Mountainbiker, von denen aber leider niemand Englisch sprach. Wir fotografierten uns gegenseitig und schrieben  unsere Emailadressen auf. Danach folgte jeder seinem Weg.

Die Piste innerhalb des Landgutes war eine Sache für sich. Zu Beginn noch gut befahrbar, wurde der Weg zunehmend schlechter, bis an fahren nicht mehr zu denken war. Wassermassen hatten tiefe Längsrillen in den Weg gegraben und gleichzeitig ging es „natürlich“ noch über 200 Höhenmeter bergauf. Ich stemmte die Radschuhe in den festen Lehm und weiter ging es bergauf.

Ungefähr 4 km vor Castilblanco de los Arroyos hatte ich es geschafft. Schweißgebadet stand ich auf der A-8002 und hatte wieder Asphalt unter den Füßen. Den Ort erreichte ich dann zwar zügig, die Zeit war aber bereits erheblich fortgeschritten, ich hatte für die 10 km schlechter Piste fast zwei Stunden gebraucht. Die beginnende Mittagshitze drückte unerbittlich, keine Wolke verdeckte den Himmel und am Nachmittag würde es wohl noch heißer werden. Mich trieb aber doch niemand, ich nahm mir die Zeit um in Castilblanco de los Arroyos erst einmal ein Cola zu trinken.

Eine Zeit lang beobachtete ich das geschäftige Treiben vor einem Supermarkt, machte mich dann aber auf den Weg, um über die SE-5405 nach Almadén de la Plata zu radeln. Beiderseits der Straße befanden sich viele Landgüter, die zumeist von Stein- und Korkeichen bewachsen waren. Auf dem leicht hügeligen Terrain kam ich im Gegensatz zur ersten Tageshälfte zügig voran. Ich genoss die Ruhe, Autos schien es auf der Straße nicht zu geben.

Bei der Ankunft in Almadén de la Plata war ich von der Hitze geschafft. Die Wasserflaschen waren so gut wie leer, eine Pause dringend nötig. Der Ort war so gut wie leer, kein Mensch war zu sehen, die Spanier wussten warum! Vor einer Bar weckte ich durch eine längere Pause erst einmal meine Lebensgeister, bis ich auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein geöffnetes Restaurant (Restaurant Molina) fand. Eine Kleinigkeit zu essen konnte wohl kaum schaden. Meine Wahl fiel auf den hier als örtliche Spezialität angebotenen iberischen Schinken.

Die schwarzen iberischen Schweine werden hier in den Bergen der Sierra Norte de Sevilla gezüchtet. Die dunkle Hautfarbe kommt von ihrer Ernährung, die hauptsächlich aus den Eicheln der Steineichen besteht. Den Schinken fand ich übrigens äußerst geschmackvoll.

Auf der Landstraße waren dann bis zu meinem Tagesziel El Real de la Jara noch 17 km zu radeln. Die restlichen Kilometer führten etwas abseits vom Originalpilgerweg mitten durch den wunderschönen Nationalpark Sierra Norte. Etwa um 15:30 Uhr erreichte ich den Ortseingang von El Real de la Jara. Die Pilgerherberge war schnell gefunden. Sie befindet sich etwas links von der Zufahrtsstraße am Eingang des Ortes. Die Touristikinformation, in der man sich anmelden soll, liegt etwas abseits weiter unten im Ort. Sie hatte bei meiner Ankunft geschlossen, aus dem Grund bekam ich meinen Stempel im Credential bei der Guardia Civil.

Die Herberge, die durch ihre niedrigen Gewölbe zunächst ganz witzig wirkt,  war eher von minderer Qualität. Die alten Stahlbetten waren durchgehangen und die Duschen und Toiletten alt. Ich hatte an dem Tag nach der Hitze keine Lust mehr, mir eine andere Unterkunft zu suchen, aus dem Grunde blieb ich dort. In El Real de la Jara gibt es ein Highlight, dass ich am Abend noch mit dem Rad besuchte. Es handelt sich um eine Burg, von der man einen wunderschönen Blick auf den Ort und die umliegenden Hügel hat. Gleichzeitig sieht man von dort eine zweite noch ältere Burg, die die Grenze zwischen Andalusien und Extremadura markiert.

Ich verbrachte dort einige Zeit, hatte sogar das Glück einen Adler kreisen zu sehen, war nur leider mit dem Fotoapparat nicht schnell genug. Auf der Burg traf ich auch Helmut und seinen Neffen, zwei sehr nette Menschen aus Berlin. Beide hatte ich in der Herberge bereits kurz kennengelernt.

 


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 03.Tag: Die tolle Herberge in Pueblo de Sancho Perez

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
29.05.2011 70 181 690 1935 Pilgerherberge

 

Vor zwei Jahren hatte ich die Erfahrung bereits mit meiner Frau auf dem Camino Portugués gemacht. Die ersten Fußpilger stehen in der Regel bereits um 06:00 Uhr auf. Diese sich selbst auferlegte Disziplin wird verständlich, wenn man bedenkt, dass bei einem durchschnittlichen Laufpensum von 25 km pro Tag die Mittagshitze droht. Wer möchte dieser Hitze nicht entrinnen und darüber hinaus noch in den Genuss kommen, einen freien Nachmittag  zu haben? Mir war es egal! Als sich die ersten Pilger regten, fühlte ich mich ausgeschlafen, stand mit den anderen auf und packte um 06:30 Uhr meine Radtaschen. Am Abend zuvor hatte ich noch einige Zeit mit Helmut verbracht. Er hatte ein wenig von seiner beruflichen Zeit als Theologe in Berlin vor und nach der Wende erzählt, ich ein wenig von meinen vielen Radtouren. Guter Dinge verabschiedeten wir uns voneinander.

Um 07:20 Uhr saß ich auf dem Rad. Der Himmel war etwas bewölkt, El Real de la Jara abgesehen von den wenigen Pilgern noch menschenleer. An der alten Burg (Castillo de las Torres) kam eine eigenartige Stimmung auf. Wie mag es hier vor dreihundert Jahren zugegangen sein? Der Grenzfluss zwischen Andalusien und Extremadura war inzwischen gebändigt, die Querung heute auf flachen Steinen fast ohne Gefahr möglich. Eine Tafel gab Hinweise auf die einzigartige Natur der Region.

Ich hatte an der Burg die Grenze zwischen Andalusien und Extremadura überschritten, als ich mich auf den Weg machte, die 11 km bis zur Autobahn A66 zu fahren. Die Extremadura ist eine der 17 eigenständigen Regionen Spaniens, deren Name  von „Extremos del Duoro“ stammt, was wohl so viel wie jenseits des Duero bedeutet. Flächenmäßig ist die Region größer als Dänemark oder die Niederlande, wobei dort aber mit ca. 1 Millionen Einwohner nur 2,6 % der spanischen Bevölkerung lebt. Aufgrund seiner Größe zählt die Extremadura daher zu einem der am dünnsten besiedelten Gebiete Europas. Klimatisch lässt sich die Extremadura in zwei Region aufteilen. Der Süden ist geprägt durch mediterranes Klima, während im Norden in den Bergregionen kontinentales Klima die Wetterlage bestimmt. Die Kornkammer Spaniens verfügt über einen erstaunlichen Wasserreichtum und ist dennoch die ärmste Region Spaniens. Erst langsam entwickeln sich so Wirtschaftzeige wie der Tourismus.

Mir selber gefiel die Extremadura gut, konnte man in der teilweise menschenarmen Region doch einfach durch die Landschaft radeln. Gerade im Mai standen noch viel Pflanzen in Blüte, ich hatte für meine Tour die richtige Jahreszeit gewählt. Mit der Idylle war es mit dem Erreichen der Autobahn für einige Kilometer vorbei. Ich füllte an einer Tankstelle meine Wasserreserven, schwenkte auf die N-630 und radelte die 250 Höhemeter über 10 km nach Monesterio hinauf. Bereits um 09:20 Uhr war das Zwischenziel erreicht.

Viele Sehenswürdigkeiten gab es in Monesterio nicht. Die Iglesia Parroquial de San Pedro war mit den für Extremadura so typischen Storchennestern aber sehr schön anzusehen. An dem Sonntag war in der Innenstadt kaum ein Mensch zu sehen, bis ich am Ortsausgang auf der linken Seite eine Bar und einen Verkaufsstand sah. Dort standen die Menschen im Kontrast zur Innenstadt Schlange, um heiße „Churros“ zu kaufen. Das Gebäck in Würstchenform wurde in Fett gebacken, andere Waren sah ich nicht. Die Preisliste war gestaffelt, man konnte zwei oder auch dreißig kaufen, der Andrang war an dem Sonntag in der Morgenstunde erstaunlich groß.

Die gut 21 km bis Fuente de Cantos radelte ich auf der N-630, die sich obwohl breit ausgebaut fast als idyllische Straße erwies. Das Profil war leicht wellig, ich kam aber sehr zügig voran. Dort sah ich in der Innenstadt zum ersten Mal eine Gruppe Mountainbikefahrer, die ich in den Folgetagen bis nach Salamanca noch häufiger treffen sollte. Wir schafften es trotz der sprachlichen Schwierigkeiten, uns ein wenig auszutauschen, ansonsten radelte jeder aber seine eigene Tour.

Hinter Fuente de Cantos ging es weiter auf dem Originalpilgerweg. Bis hinter dem kleinen Ort Calzadilla de los Barros war das alles kein Problem, der Weg war eben und von festem Untergrund. Je näher ich aber meinem Tagesziel kam, je abenteuerlicher wurde die Strecke. Mal wurde der Weg so eng, das die Radtaschen durchs Gras schliffen, ein anderes Mal war es der überflutete Weg, der kaum passierbar war.  An einer etwas schwierigeren Stelle traf ich zwei Spanier, die so nett waren, mir bei der Querung zu helfen. Wir hatten trotz der Schwierigkeiten gemeinsam unseren Spaß, die Via war mal wieder ein Abenteuer.

Die Pilgerherberge in Pueblo de Sancho Perez befindet sich ca. 800 m westlich des kleinen Ortes. Ein breiter Zufahrtsweg führte zunächst bis zur Ermita Belén, einer kleinen Kapelle, hinter der aber direkt die Herberge liegt. In landschaftlich schöner Lage gelegen, gehörte diese Herberge wohl zu einer der schönsten auf meiner ganzen Tour. Die kleine Kirche, die angrenzende Stierkampfarena, der idyllische Innenhof, die Herberge selber mit ihren Aufenthaltsräumen, den 2 Schlafräumen mit den sauberen Betten und qualitativ hochwertigen Sanitäranlagen, die nette marokkanische Hospitalera, dort stimmte einfach alles. Als dann noch hinzukam, dass ich vielleicht bedingt durch die etwas abseits gelegene Lage der Herberge der einzige Gast blieb, war der Abend perfekt. Wann hat man in seinem Leben schon mal eine Herberge für sich allein?

Am frühen Abend tanzten im Innenhof vor der Kirche noch einige ältere Menschen zu Akkordeon-Musik, ab 19:00 Uhr kehrte in dem vollständigen Komplex dann die absolute Ruhe ein. Um 20:00 Uhr machte ich mich noch einmal auf den Weg in den Ort, weil mein Magen rief. Ein Pilgermenü gab es dort für einen Betrag von 10,- Euro, welcher ungefähr dem durchschnittlichen Preis auf der gesamten Via entsprach. Nachstehend einige Fotos von der Herberge und der unmittelbaren Umgebung. 

Ja, das war ein gelungener Tag.

 


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 04.Tag: Erfahrungen in der "Tierra de Barros", die Altstadt von Merida

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
30.05.2011 84 265 450 2385 Pilgerherberge

 

Nach der fast schon gespenstisch wirkenden Nacht verließ ich die Herberge  richtig ungern, das Ambiente hatte mir sehr gefallen. Zu Hause kannte man so eine absolute Stille gar nicht mehr. Ein paar Wolken standen am Himmel, als ich mich aufmachte durch das winzige Ortszentrum die paar Kilometer bis Zafra zu radeln.

Die gut 16.000 Einwohner zählende Kleinstadt besitzt einen maurischen Ursprung, der bis in das 11. Jahrhundert zurückreicht. Die Mauren nannten die Stadt damals Cafra oder Safra. Nach der Rückeroberung im Jahr 1229 entwickelte sich der Ort zum Hauptort der Region. Die heute noch interessanten Bauwerke, wie der Alcazar oder die Reste der Stadtmauer entstanden im 15. Jahrhundert. Der Alcazar ist heute ein Parador Hotel. In Las Medulas (Weltkulturerbe der Unesco) gab es früher Goldminen, in denen das Edelmetall bereits von den Römern in großen Mengen abgebaut wurde. Das Gold transportierten sie damals auf der Via de la Plata nach Süden. Übersetzt heißt Plata „Silber“, doch der spanische Name leitete sich aus dem arabischen „Bal´latta“ ab, was gepflasterte öffentliche Straße heißt. Als besondere Attraktion findet in Zafra im Herbst ein Markt für Viehzucht statt.

Vor Los Santos de Maimona führte der Originalpilgerweg 100 Höhenmeter hinauf. Ich kam bei dem Anstieg reichlich ins Schwitzen, bis von oben der kleine Ort tief unten zu sehen war. Den kleinen Ort nutzte ich kurz, um meine Wasservorräte zu füllen, radelte dann aber auf der N-630 weiter. 3km vor Villafranca de Los Barros schwenkte ich wieder auf den Originalpilgerweg. In dem Bereich ließ sich der Weg  gut befahren.

Kurz vor dem Ort lernte ich José kennen, der die Via de la Plata bis Salamanca radeln wollte, ihm fehlte die Zeit, um sie komplett bis Santiago zu fahren. Den zweiten Teil wollte er ein Jahr später in Angriff nehmen. Gemeinsam radelten wir bis nach Villafranca de los Barros hinein, fuhren dann aber jeder unseren eigenen Weg. Was ich noch nicht wusste, José würde ich auf meinem weiteren Weg noch mehrmals sehen. In Richtung Alemendralejo führte der Weg auf einer endlos wirkenden Gerade zwischen Weinreben hindurch.

Die Erde hatte in der Tierra de Barros (Lehmgegend) eine rote Farbe angenommen und war sehr lehmhaltig. Barros heisst übersetzt Lehm. Dass die ganze Region danach benannt wurde, hatte seinen besonderen Grund. Fußpilger hatten mir berichtet, dass die Schuhe durch den klebrigen Lehm immer schwerer wurden und dass man hin und wieder anhalten musste, um die Wanderschuhe davon zu befreien. Ich selber würde meine Erfahrung mit dem Lehm noch einige Kilometer vor Merida machen.

Hinter Torremeija radelte ich noch 3 km auf dem Originalpilgerweg, schwenkte dann aber wieder auf die N-630, weil es anfing leicht zu regnen. Es regnete nicht stark, immer mal ein paar Tropfen, am Himmel sah es aber  nicht gut aus.  Ich wollte die letzten 13 Kilometer bis nach Merida zügig hinter mich bringen. Der Regen ließ 10 km vor Merida nach, als ich rechts auf einer Leitplanke einen gelben Pfeil sah. Die Via führte auf eine alte Straßenführung, die zwar zugewachsen war, aber recht befahrbar aussah. Also wieder runter von der N-630, vielleicht ließ sich Merida ja doch auf alten Wegen erreichen.

Keine 400 m weiter ging nichts mehr. Es gab keinen Asphaltbelag mehr und der Untergrund bestand aus nassem Lehm. Das hatte zur Folge, dass der Lehm an den Laufrädern kleben blieb und zwischen Schutzblech und Laufrad klemmte. Ca. 100 Meter schaffte ich es zu radeln, danach drehten die Laufräder nicht mehr. Mit einem Stück Holz befreite ich die Laufräder ein wenig vom Lehm und schob das Rad zur N-630 zurück. Auf dem kurzen Stück kam mir José entgegen, der es ohne Schutzblech und mit einem MTB unterwegs wagen wollte, auf der üblen Strecke nach Merida zu gelangen. Ich selber fuhr auf der N-630  nach Merida und schaffte es auch trocken ins Ziel zu kommen. Ich war aber kaum an der Herberge angelangt, als es anfing, in Strömen zu regnen.

In der Herberge waren nur noch wenige Betten frei. Aus meiner Sicht war die Unterkunft vielleicht mit einem befriedigend zu bewerten. Mir gefielen die großen Bettensäle nicht, in denen mehr als 20 Menschen schliefen. Bei weniger Betten gab es in der Regel auch weniger Unruhe. Am späten Nachmittag ließ der Regen nach. José war vor der Herberge in der Zwischenzeit auch eingetroffen und stand draußen klatschnass vor der Tür. Rad und Kleidung waren mit Lehm beschmiert und in den Schuhen konnte er vor klebendem Matsch kaum laufen. Ich hatte wohl die richtige Entscheidung getroffen und auf den letzten Kilometern die N-630 gewählt.

Im römischen Reich war Merida unter dem Namen Emerita Augusta Hauptstadt der römischen Provinz Lusitania. Sie wurde im Jahr 25 v. Chr. von Kaiser Augustus als Kolonie für Veteranen römischer Legionen gegründet und entsprechend ausgebaut. Viele der damals errichteten Gebäude wie Amphitheater, Circus, Tempel, einige Brücken und Aquädukte sind noch heute zu sehen. Am späten Nachmittag und am Abend hielt ich mich in der Innenstadt auf und machte einige Fotos.

 


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 05.Tag: Cáceres ist eine faszinierende Stadt

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
31.05.2011 80 345 715 3100 Pension Carretero

 

Merida verließ ich an dem Morgen bei bedecktem Himmel. Die Luft war noch etwas feucht, es sah aber nach Wetterbesserung aus. Ein letzter Blick auf das Aquädukt Los Milagros, dann war die nördliche Stadtgrenze  erreicht. Ich überholte einige Pilger, die früh gestartet waren und radelte hinaus in die Natur. Mein erstes Tagesziel war der Stausee von Prosperina, der laut Reiseführer der größte aus römischer Zeit stammende Stausee ist. In Morgendunst gehüllt lag der See ruhig da und erzeugte eine fast unheimliche Atmosphäre. Ich war allein, kein Mensch war weit und breit zu sehen und hinter dem See wurde die Strecke immer idyllischer.

Etwa 2 km radelte ich so in guter Laune vor mich hin, bis ich in der Ferne eine ältere Pilgerin sah. Ich hatte sie in der Herberge bereits kurz kennengelernt und wusste, dass sie an dem Tag zu ihrer letzten Etappe aufgebrochen war. Ich freute mich sie zu sehen und war erstaunt, dass sie an dem frühen Morgen bereits knapp 10 km gelaufen war. Wir unterhielten uns einige Zeit und wünschten uns dann eine gute Reise. An einer Straßenteilung führte der originale Pilgerweg auf eine Piste, die vom Regen des letzten Tages vollkommen aufgeweicht war. Aus diesem Grund verließ ich den Pilgerweg, bog rechts ab und radelte zur N-630. Keine zwei Kilometer weiter ging es dann wieder in Richtung Nordwesten auf den Originalpilgerweg.

In Aljucén befindet sich direkt gegenüber der kleinen Dorfkirche eine Bar. Vor der Bar tummelten sich an dem Morgen einige Pilger, die bereits die ersten Kilometer hinter sich gebracht hatten. Die vier Spanier, die mit Rädern unterwegs waren, sprachen kein Wort Englisch, die Kommunikation fiel natürlich schwer. Schön fand ich, dass wir uns aufgrund desselben Ziels auch in den Folgetagen immer wieder trafen. Wir freuten uns jedesmal uns zu sehen. Mit zwei belgischen Pilgern unterhielt ich mich einige Zeit über die bereits gelaufene bzw. gefahrene Strecke, die hinter uns lag. Man hatte denselben Weg, machte jedoch die unterschiedlichsten Erfahrungen. Danach ging es mit in der Bar gefüllten Wasserflaschen wieder auf die Piste.

Hinter Aljujén führt die Via de la Plata mitten durch den Parque Natural de Cornalvo. Das Naturschutzgebiet ist ein einzigartiges, mehr als 10.000 Hektar großes Gebiet, in dem unzählige Tier- und Pflanzenarten anzutreffen sind. Im Park sollen über 200 verschiedene Wirbeltiere beheimatet sein. Die einzigen Menschen, die ich auf der knapp 20 km langen Strecke bis Alcuéscar traf, folgten einem Rundwanderweg, ansonsten war ich allein. Es handelte sich um zwei Frauen, die ich an einer Stelle traf, wo die Via ein kleines Bachbett quert. Auf dem GPS-Gerät hatte ich bereits gesehen, dass die Straße links abbog, die Via aber weiter geradeaus ging. Den gelben Pfeil hatte ich wohl übersehen. Die Wanderfreundinnen kannten sich dort aus und halfen mir wieder auf den Weg.

Alcuéscar ist ein kleiner Ort, der eine Besonderheit besitzt. An der westlich vom Ort gelegenen Landstraße befindet sich die Kongregation der Brüder von Maria und den Armen (Congregación de Maria y de los Pobres), die sich, wie der Name schon sagt um Arme und Kranke kümmert, aber auch Pilger aufnimmt. Da ich in Alcuéscar nicht übernachten wollte, schaute ich mir das Gebäude nur kurz von außen an. Der Ort selber hatte  ansonsten nicht viel zu bieten. Auf den weiteren 15 km nach Aldea del Cano kam ich an Zeitzeugen der alten römischen Straße vorbei. Mal war ein  römischer Meilenstein geschickt in eine Mauer integriert, ein anderes Mal stand ein Meilenstein von weitem sichtbar am  Wegrand in der Wiese.

Es war kurz nach 13:00 Uhr, als ich den Originalpilgerweg verließ und auf die parallel verlaufende N-630 schwenkte. Der Pistenzustand war merklich schlechter geworden, die vorne tief hängenden Radtaschen schliffen rechts und links im Gras, die Sturzgefahr war mir einfach zu hoch. Dazu kam, dass die Mittagshitze drückte, etwas schneller nach Aldea del Cano zu kommen, war das Ziel. Auf der N-630 ging es zügig vorwärts. Nur ca. 100 m vom Originalweg entfernt führte die Straße direkt bis in Ortszentrum von Aldea del Cano.

Bei der Ankunft in Aldea del Cano fühlte ich mich von der Hitze total ausgelaugt, hinzu kam etwas Hunger. Auf der Suche nach einer Bar (Restaurant) kurbelte  ich mein Rad durch den menschenleeren Ort und fotografierte kurz die Kirche. Eine Möglichkeit etwas zu essen fand ich aber erst an der N-630. Tja und dort traf ich auf eine lustige belgische Rennradfahrergruppe, die mit Begleitfahrzeug mehrere Tage durch Extremadura tourte. Während meine Calamares brutzelten kamen wir reichlich ins Gespräch, unterhielten uns über alle möglichen Radtouren und entdeckten viele Gemeinsamkeiten. Kurzentschlossen vereinbarten wir, nach dem Essen gemeinsam nach Cáceres zu radeln.

Die Gruppe war aufgrund des teilweise großen Altersunterschiedes in mäßigem Tempo unterwegs. Auf den 23 km an gemeinsamen Weg konnte ich ganz gut mithalten, meine Befürchtungen hatten sich zerschlagen. Im rtszentrum von Cáceres trennten sich leider unsere Wege. Die Gruppe hatte ihre Hotelübernachtung im Parador vorgebucht, ich selber radelte ins Zentrum bis zum Plaza Mayor, um mir noch eine Unterkunft zu suchen. Die Pilgerherberge befand sich etwas abseits vom Zentrum, aus dem Grund wählte ich die kleine Pension Carretero, in der ich für 15,- Euro Unterschlupf fand. Direkt an der Plaza Mayor gelegen war sie der ideale Ausgangspunkt für einen abendlichen Bummel durch die herrliche Altstadt.

Viele spanische Städte hatten einen maurischen Ursprung, bei Cáceres war das auch nicht anders. Der heutige Altstadtkern stammte im Wesentlichen aus dem 15.-16. Jahrhundert. Er wurde wegen seiner Einzigartigkeit von der UNESCO zum Weltkulturerbe der Menschheit erklärt. Bei meiner Ankunft auf dem Plaza Mayor fielen mir als erstes wieder die kleinen Zelte auf, die ich auch in anderen spanischen Städten bereits wahrgenommen hatte. Die Jugend Spaniens demonstrierte dort gegen die in Spanien vorhandene hohe Jugendarbeitslosigkeit und gegen Korruption. An Sehenswürdigkeiten gibt es in Cáceres die Kathedrale und das Casa de Carvajal, einen Adelspalast aus dem 15. Jahrhundert.

An dem Abend hatte ich reichlich Spaß durch die alten Gassen zu laufen und hoch oben auf den Türmen und Kirchenspitzen die klappernden Störche zu beobachten. War das Ortzentrum am Nachmittag noch wie ausgestorben, begann das Leben auf dem Plaza Mayor regelrecht zu pulsieren.

 


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 06.Tag: Römische Meilensteine auf dem Weg nach Galisteo

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
01.06.2011 80 425 730 3830 Hostal Los Emigrantes

 

Nachdem ich mich von der Pensionswirtin verabschiedet hatte, frühstückte ich an dem Morgen noch unter den Arkaden des Plaza Mayor und stieg dann aufs Rad. Cáceres hatte mir sehr gefallen. Der herrliche Nachmittag und die tolle Abendstimmung am Tag zuvor hatten Eindrücke hinterlassen, die kaum zu beschreiben waren. Einerseits wäre ich am liebsten einen Tag länger in der Stadt geblieben, andererseits freute ich mich aber auch auf die neue Tagesetappe, es gab bestimmt wieder viel Neues zu sehen. Aufgrund der engen Zeitplanung fiel die Entscheidung nicht schwer.

Ein bis zwei Kilometer hinter dem Ortsausgang traf ich erst einmal auf José. Am rechten Straßenrand stehend, war er gerade dabei sein Gepäck zu sortieren, als ich von hinten kommend langsam auf ihn zurollte. Auch hier war die Situation wieder so, dass man das Gefühl hatte, dass ein gemeinsames Ziel wie Santiago irgendwie verband. Wir strahlten uns an und unterhielten uns ein wenig über die Erlebnisse seit unserem letzten Treffen. Danach ging es mit einem herzlichen „Hasta Luego“ (bis später) auf den Lippen wieder auf den Weg.

Hinter Casar de Cáceres führte die Via de la Plata wieder auf eine Piste, die sich bis zum Embalse de Alcántara relativ gut radeln ließ. Auf dem Teilstück waren die tolle Gräserlandschaft und die weiten Ausblicke faszinierend. Darüber hinaus gab es mehrere römische Meilensteine zu sehen, die bestätigten, tatsächlich auf dem alten Weg unterwegs zu sein. Häufig war es so, dass die schönen auf Piste geführten Strecken  alle ihren Preis hatten, sie kosteten Zeit. Insofern war ich am Stausee froh, wieder Asphalt unter den Rädern zu haben. Auf den wenigen Kilometer bis zu dem kleinen Ort Canaveral ging es zunächst bergab bis zur Brücke über den Rio Almonte, dann noch ca. 3 km bergauf.

In Canaveral hatte mich die Hitze in Verbindung mit dem Anstieg mal wieder ein wenig geschafft. In dem kleinen ca. 400 Einwohner zählenden Ort gab es  auf der Nordseite der Kirche aber glücklicherweise eine Bar. Die Bar schien der Kommunikationstreffpunkt des Ortes zu sein, mehrere Einwohner saßen vor ihrem Getränk und aßen Tapas.  Die leckeren Tapas, zwei Glas Cola und eine längere Pause brachten mich wieder in Schwung. Auf der weiteren Fahrt in Richtung Galisteo kam ich an einer kleinen Kapelle und ein paar Gehöften vorbei, ansonsten gab es nichts Spektakuläres, von dem zu berichten wäre. Wenige Kilometer vor Galisteo traf ich dann auf eine riesige Solaranlage. Über mehrere hundert Meter standen einzelne Solarplatten beiderseits der Straße in einer Wiese. Sie wurden in ihrer Neigung und Ausrichtung wohl automatisch auf die direkte Sonnenstrahlung eingestellt.

Bei der Ankunft in Galisteo zeigte mein GPS-Gerät 80 Tageskilometer an. In Anbetracht der am Nachmittag einsetzenden drückenden Hitze waren das mehr als genug. Nach der ersten Erkundung der Innenstadt fand ich am östlichen Ortsausgang das Hostal Los Emigrantes. Dort war für mich noch ein Zimmer frei. Galisteo ist eine eher kleine Stadt, die jedoch eine eindrucksvolle Stadtmauer besitzt. Die aus Flusssteinen erbaute Mauer wurde im 12. bzw. 13. Jahrhundert errichtet. Die relativ ungenaue Aussage kommt daher, weil man sich bis heute noch nicht einig ist, ob die Mauer von den Almohaden oder später von den Christen errichtet wurde. Nachstehend mal ein paar Fotos vom Ort.

Im Hostal Los Emigrantes trafen sich „natürlich“ alle Radler dieser Welt. Im Halbstundenrhythmus erschienen sie vor der Bar. Zuerst die vier Spanier, die ich unterwegs einmal in der Ferne gesehen hatte, danach José. Wir quatschten noch einige Zeit miteinander, danach lief ich die paar Meter in den Ort. Den Abend verbrachte ich in der Innenstadt mit ein paar Pilgern, die ich dort zufällig traf. Jeder hatte natürlich einiges von seinem Weg zu erzählen.

Besonders nett in Erinnerung geblieben ist mir Josef Bürger aus Wernberg in Kärnten, den ich einen Tag später noch nördlich von Galisteo traf. Josef war einer der wenigen, denen ich mein Kärtchen gab. Auf der kleinen Karte waren meine Emailadresse und die Adresse meiner Internetseite gedruckt. Ich bat ihn, sich doch nach seiner Tour bei mir zu melden. Bei netten Menschen wie ihm interessierte es mich einfach, wie es ihm auf seiner Tour noch ergangen ist. Wieder zu Hause, sandte er mir einige Fotos, das nachstehende wurde am Römischen Bogen von Caparra gemacht.

 


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 07.Tag: Der römische Bogen von Cáparra

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
02.06.2011 81 506 1000 4830 Pilgerherberge

 

An dem Morgen ging es mir nicht besonders gut. In der Nacht hatte ich trotz der Hitze Schüttelfrost bekommen und vermutlich etwas Fieber. Aus dem Grund frühstückte ich in Ruhe und machte mich erst um 09:30 Uhr auf dem Weg. Etwas Unsicherheit hatte sich breit gemacht! Warum hatte ich in der Nacht gefroren? War es eine Folge der Hitze oder war möglicherweise das Essen die Ursache gewesen? Ich wusste es nicht, radelte vorsichtig los und nahm mir vor, mich selber gut zu beobachten.

Kurz hinter Galisteo traf ich als erstes auf eine alte romanische Brücke. Klar, dass da erst einmal ein Foto mit dem gerade verlassenen Ort im Hintergrund gemacht wurde. In der Morgenluft ließ sich noch herrlich radeln. An einem kleinen Wäldchen vorbei führte der Weg in Richtung Carcaboso. Hinter Carcaboso ging es erst einmal 150 Höhenmeter bergauf. In dem Bereich war es teilweise schwierig mit dem Gepäck zu radeln, die Anstrengung hatte sich aber gelohnt. Der Anstieg war relativ kurz, danach folgte ein Bereich der sicheres Fahren ermöglichte, während die Landschaft sich von ihrer schönsten Seite zeigte.

Einige Kilometer folgte ich diesem Weg, bis mir von rechts ein Bauer etwas auf Spanisch zurief. Zunächst nahm ich an, dass ich seinen Grund nicht befahren sollte, freute mich aber kurz darauf über meine eigene Fehlinterpretation.  Ein Blick auf mein GPS-Gerät genügte, ich war auf dem falschen Weg. Knapp einen Kilometer zurückgeradelt war mir klar warum. Ich war der Straßenführung gefolgt, während der Pilgerweg die Straße verlies und auf einen kleinen Wanderpfad bog, den gelben Pfeil hatte ich übersehen. Auf den folgenden Fotos kann man sehen, über was für einen schmalen aber mit dem Rad gut zu befahrenen Pfad der Weg führte. Ich hatte trotz der immer noch vorhandenen körperlichen Schwäche sehr viel Spaß dabei.

Es war bereits Mittag, als ich wieder auf asphaltierter Straße stand und nachdenklich auf die Uhr schaute. 26 von 80 Tageskilometern waren geschafft, mein Zeitplan war etwas aus dem Ruder gelaufen, alternative Ideen gefragt. Auf asphaltierten Wegen wagte ich, um Pistenkilometer zu sparen, den Umweg zum Embalse SE de Gabriel Y Galan, aber irgendwie war das nicht mein Tag. Bei ständigem Auf und Ab stand ich irgendwann am See, um festzustellen, dass ich fast ein Highlight der Tour umfahren hätte. Den römischen Bogen von Cáparra wollte ich mir nicht entgehen lassen,  in dem Moment hätte ich meine Tagesetappe lieber gekürzt. Einem Hinweisschild folgend schwenkte ich auf eine kleine Straße wieder in südöstliche Richtung um über 5 km asphaltierter Strecke zum Zwischenziel zu gelangen, um 13:45 Uhr war es geschafft. Ich stand an einem der Wahrzeichen der Via de la Plata. Der vierseitige Bogen der ehemaligen römischen Stadt Capere (heute Cáparra) ist sehr eindrucksvoll anzusehen. Von der Stadt sind im Wesentlichen nur noch Grundmauern zu sehen, während der Bogen mit 9 m Höhe in einem sehr guten Zustand ist. Die alte Siedlung besaß eine Fläche von ca. 16 Hektar und wurde bis zum 3. Jahrhundert unserer Zeitrechnung bewohnt.

Die nächsten 10 km der Via führten wieder über eine Piste, die mich bis zur N-630 brachte. Unterwegs waren zwei kleinere Furten zu bewältigen, die aber ohne fremde Hilfe zu schaffen waren. In der einen lagen Steinblöcke über die man  laufen konnte, die zweite war nicht sehr tief und fast trockenen Fußes zu bewältigen. Von der Fahrt auf der N-630 gibt es nicht sehr viel zu berichten, außer dass die Straße  auf 20 km ca. 300 Höhenmeter bergauf ging. Etwas ausgezehrt kam ich nach 80 km und 1000 Tageshöhenmetern am Zielort Banos de Montemayor an.

In der an der N-630 gelegenen Touristeninformation half mir ein netter Spanier bei der Suche nach der Herberge, dass kleine Problem war damit schnell gelöst. Die Herberge war einfach klasse! Sie beherbergte gleichzeitig ein Informationszentrum über die Via de la Plata und war von guter Qualität. Zum zweiten Mal blieb ich an dem Abend wie schon in Pueblo de Sancho Perez der einzige Gast.

Am frühen Abend saß ich im Ort in einer kleinen Bar und schrieb mein Tagebuch. Für uns ungewohnt, ärgerte es mich mal wieder, dass es wie in Spanien überall üblich erst um 20:30 Uhr etwas zu  essen gab.  Ich lief die wenigen Meter deshalb wieder zurück zur Herberge, um die fehlende Stunde mit einem kleinen Nickerchen zu überbrücken, schlief aber zu fest ein. Als ich um 23:45 Uhr wach wurde, war es für einen Gang in den Ort zu spät.

 


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 08.Tag: Eine lange Etappe bis Salamanca, erstmals auf 1200 m Höhe

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
03.06.2011 91 597 1070 5900 Pilgerherberge

 

Der 11 Stunden lange Schlaf hatte gut getan. Wieder halbwegs guter Dinge freute ich mich an dem Morgen darüber, in der Herberge alleine zu sein. Mit meiner Gesundheit ging es erfreulicherweise wohl wieder bergauf. In den letzten Tagen war ich etwas von meiner ursprünglichen Tourenplanung abgewichen. Mein Ehrgeiz war zurückgekehrt, die fehlenden Kilometer wieder reinzuholen und bis nach Salamanca zu radeln. 91 km auf der N-630 wären kein  Problem, Pisten müsste ich einfach nur meiden.

Nach Experimenten wie am Tag zuvor war mir ohnehin noch nicht zu Mute. Deshalb kurbelte ich mein Stahlross entlang der N-630 langsam bis zum Puerto de Vallejera (1202 m) hinauf, die ersten 600 Höhenmeter hatte ich bereits um 11:00 Uhr geschafft. Auf dem Weg nach Salamanca geriet ich in Guijuelo noch in ein Stadtfest. Bei lauter aber toller Musik, die ansteckend wirkte, tanzten und sangen die Menschen total begeistert mit.

Auf dem folgenden Foto erkennt man, dass auf der N-630 absolut nichts los war. Ich kam sehr zügig  voran und freute mich, bereits um 15:30 Uhr nach 91 Radkilometern am Ortseingang von Salamanca zu stehen. In den Ort hinein ging es auf dem Originalpilgerweg, der über eine alte römische Brücke führt. Die Albergue de Peregrino (Pilgerherberge) befindet sich in Salamanca etwas südöstlich der Kathedrale. Für mich war noch ein Bett frei, das Problem der Unterkunft somit auch gelöst.

Salamanca ist eine faszinierende Stadt! Der größte Teil der 160.000 Einwohner zählenden Stadt erstreckt sich auf der Nordseite des Flusses Tormes, den ich selber  über die römische Brücke gequert hatte. Durch den enormen Reichtum an historischen Bauwerken, wie z.B. der Kathedrale, dem Plaza Mayor, der Universität mit Bibliothek, um nur wenige zu nennen, wurde die Stadt 1988 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Im Jahr 2002 folgte die Ernennung zur Kulturhauptstadt Europas.

Der Plaza Mayor befindet sich im Herzen der Stadt. Dort laufen alle großen Straßen zusammen. Er ist einer der schönsten und ältesten Plätze Spaniens. Im Jahr 2005 wurde dort sein 250. Geburtstag gefeiert. Die meisten Gebäude der Stadt wurden aus dem Stein von Villamayor, einem kleinen Nachbarort Salamancas, errichtet. Der Stein besitzt einen hohen Eisenerzanteil, ist äußerst hart und rostet, wenn er mit der Luft in Berührung kommt. Daher kommt wohl die eindrucksvolle Goldfarbe, die Salamanca zur Stadt des Goldes macht. In Salamanca leben 50.000 Studenten aus Spanien und der ganzen Welt. Das internationale studentische Ambiente prägt natürlich das Bild der Stadt.

Seine Ursprünge besitzt Salamanca in der Antike. Unter römischer Herrschaft wurde die Stadt im Zeitraum zwischen den Jahren 133 v. Chr. und 712 n. Chr. zu einem wichtigen Handelszentrum der Region. Im 8. Jahrhundert wurde Salamanca von den Mauren erobert und erst im Jahr 1085 wieder zurückerobert. Während dieser Zeit wurde die Stadt fast vollständig zerstört. Die heute zu sehenden Bauwerke stammen daher zumeist aus den Folgejahren.

Den Abend verbrachte ich natürlich in der tollen Innenstadt. Ich schlenderte durch die Gassen, schrieb einige Zeilen in mein Tagebuch und schaute einfach nur dem Treiben zu. Nachstehend noch einige Fotos von meinem Aufenthalt in Salamanca

 


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 09.Tag: Auf nach Zamora

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
04.06.2011 70 667 400 6300 Pilgerherberge

 

Um 06:00 Uhr war es mit der Nachtruhe vorbei! Die ersten Pilger waren wach, kramten in ihren Sachen oder packten die Rucksäcke. Konnten die „Burschen“ nicht länger schlafen? Auf der Via gab es doch wohl kaum Probleme mit einem Übernachtungsplatz, war da ein Wettlauf erforderlich? Ich drehte mich noch einmal um, um 07:00 Uhr war die Nacht dann aber auch für mich vorbei. Mit dem bepackten Rad fuhr ich zuerst zum Plaza Mayor, dort gab es mehrere Bars. Die Chance ein Frühstück zu bekommen, schien mir dort am größten, so hoffte ich es jedenfalls. Bei der Ankunft stellte ich dann fest, dass die meisten noch geschlossen waren. An der nordöstlichen Seite des Platzes fand ich dann zwar eine geöffnete Eisdiele, bekam aber nur einen Cafe, ein Frühstück gab es leider nicht.

Wenn man von den 3 km hinter Salamanca absieht, die  der Pilgerweg an der N-630 entlang führt, verläuft der größte Teil der Strecke bis Calzada de Valdunciel durch eine  landschaftlich schöne Gegend. Wiesen, Getreidefelder und Acker in gelbbrauner Farbe wechselten sich ab und waren sehr schön anzusehen. Immer wieder traf ich auf Zeichen des Pilgerweges. An dem Tag wechselte ich mehrmals zwischen Originalpilgerweg und N-630 hin und her. Mal war die Fahrbahndecke auf dem Pilgerweg schlecht zu befahren, ein anderes Mal war es mir auf der N-630 schlicht zu langweilig. In den kleinen Orten Villanueva de Campeán und El Perdigon legte ich noch kurze Pausen ein. Die Hitze drückte kurz nach dem Mittag mal wieder mächtig, ich kam aber aufgrund der Tatsache, dass die letzten 20 Tageskilometer fast nur bergab führten, gut voran. Bei der Ankunft  in Zamora erreichte ich als erstes die südliche Brücke über den Rio Duero. Von dort hatte ich einen schönen Blick auf die mittelalterliche Stadt, die auf einem Felshügel liegt.

Die 66.000 Einwohnern zählende Stadt ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz in der Autonomen Region Kastilien-León. An Sehenswürdigkeiten besitzt die Stadt eine Kathedrale aus dem 12. Jahrhundert und noch weitere romanische Kirchen. Sehr schön anzusehen ist auch die alte Stadtmauer, die den Kern der Altstadt umschließt. Die Pilgerherberge befindet sich in einem tollen alten Steingebäude. Sie wurde wohl erst im Jahr 2008 eröffnet und wirkt noch relativ neu. Insgesamt gibt es in der Herberge 36 Betten, die sich auf 6 Räume verteilen, wobei jeder Raum über ein angrenzendes Bad verfügt. Als ich das Gebäude betrat, traf ich zuerst auf einen deutschen Hospitalero, der sich gleich um mich kümmerte. Mein Rad kam auf die angrenzende Terrasse, danach zeigt er mir den Schlafraum, der bereits teilweise belegt war.  Ja und dort traf ich Stefan, er war 31 Jahre alt, kam aus der näheren Umgebung von Leipzig und war auf der Via als Fußpilger alleine unterwegs. An dem Tag tauschten wir einige Informationen aus, jeder erzählte halt ein wenig von seinen bisherigen Reisen.

Am späten Nachmittag lief ich durch die alte Innenstadt und fotografierte fleißig. Sehr schön fand ich, dass ich in der Iglesia de San Juan de Puerto Nova am Plaza Mayor noch Zeuge einer Taufe wurde. Von der Kirche aus dem 12. Jahrhundert ist nur eines der ursprünglichen drei Schiffe erhalten geblieben, auch Dach und Turm gingen im 16. Jahrhundert verloren. Als Ersatz überdachte man die Kirche mit einer Mudéjar-Konstruktion. Die Südfassade der Kirche hat ein Portal mit zwei schlanken Säulen und drei runden Stirnbögen. Über dem Tor befindet sich ein Rosettenfenster.

Während in Andalusien  Prozessionen fast den Charakter einen Volksfestes besitzen, herrscht in Kastilien-Leon und damit auch in Zamora eine fast schon dramatische Stille. Eine der Osterbrüderschaften in Zamora nennt sich „Cofradia del Silencio“. Deren Mitglieder müssen einen Eid leisten, die Prozessionen in völligem Stillschweigen zu begleiten, denn sonst würde ihnen der Herr das niemals verzeihen. Eine ganz besondere Figur der Osterwoche ist der „Merlü“, dessen Denkmal vor der Iglesia des San de Puerto Nova steht. Mit einer lauten Trommel und einem Horn rufen sechs Weckerpaare am Karfreitag um 05:00 Uhr morgens die knapp 5.000 Mitlglieder ihres Vereins zusammen.

 


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 10.Tag: Warum es in einer Pilgerherberge schon mal ein Frühstück gibt

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
05.06.2011 70 737 480 6780 Hostal El Roble

 

„Georg es gibt Frühstück, eine richtig tolles sogar!“ Hatte ich Stefan da richtig verstanden? Irgendwie traute ich meinen eigenen Ohren nicht.  Und doch er hatte Recht, als ich den Frühstücksaal betrat, war der Tisch reichlich gedeckt. Obst, Baguette, Tomaten, Mett mit Zwiebeln, es fehlte an nichts. Das Rätsel löste sich, als Gerhard Skora erschien. Gerhard war in der Nähe von Salamanca auf dem Weg mit seinem schweren Rucksack gestürzt und hatte sich leider im Krankenhaus behandeln lassen müssen. Nun war er wieder einigermaßen genesen und freute sich, seinen Weg fortsetzen zu können. Ja und aus Freude darüber hatte er den ca. 20 Pilgern das Frühstück spendiert.

An dem Morgen wurde es nach dem Frühstück noch spannend, weil zwei Pilgern die Wanderschuhe fehlten. Am Abend zuvor hatten sie ihre Schuhe, wie viele andere auch, am Eingang der Herberge auf ein für Schuhe vorgesehene Rost gestellt. Sie waren aber nicht mehr da! Eine intensive Suche begann, es konnte sich doch niemand vorstellen, dass jemand gebrauchte, individuell eingelaufene Wanderschuhe stahl. Der erste Fall löste sich noch vor meiner Abfahrt. Einer der Pilger sah die Schuhe an den Füßen eines Anderen. Wo dessen Schuhe dann geblieben waren, bekam ich nicht mehr mit, ich vermutete, dass sie noch irgendwo in der Herberge standen.

Nach einem herzlichen Abschied von Stefan verließ ich die Stadt und radelte auf dem Pilgerweg nach Norden. In Montamarta einem kleinen Ort am Embalse de Ricobayo gab es erst einmal einen Schreck, weil ich dem Originalpilgertrack folgend, plötzlich an einem Ufer stand. Bei niedrigem Wasserstand führte der Weg wohl direkt auf die andere Seite, wo eine alleinstehende Kirche zu sehen war. Ein Blick nach rechts reichte,  um die Lösung zu sehen. Dort gab es eine Brücke, ich musste nur eine kurze Strecke durch den kleinen Ort zurückradeln und der N-630 weiter nach Norden folgen.

Auf dem Weg nach Granja de Moreruela radelte ich noch kurz einen Stichweg zum Castillo Castrotorafe hinein, es lohnte sich aber kaum, weil nur noch ein paar Reste von der Burg zu sehen waren. Bei der Ankunft in Granja der Moreruela hatte ich in nördlicher Richtung fast die Höhe der Nordgrenze Portugals erreicht. Hinter dem Ort stand für alle Pilger eine Entscheidung an. Sie konnten entweder der Via de la Plata weiter nach Astorga folgen, oder wie ich nach Westen auf den Camino Sanabrés schwenken.

Bis zum Zielort Tábara waren ab dem Abzweig von der N-630 auf die kleine Straße Za-123 noch ca. 23 km zu radeln. Zeitliche Probleme hatte ich keine, es war erst 12:00 Uhr, ich hatte also an dem Tag viel Zeit. Als nächstes traf ich drei Kilometer weiter auf die Brücke über den Rio Esla. Hinter der Brücke zeigte der gelbe Pfeil auf einen schmalen steinigen Wanderpfad, der noch nicht einmal mit einem Mountainbike befahrbar war.  Deshalb radelte ich auf der kleinen Straße Za-123 weiter bis in den Ort Faramontanos de Tábara. Auf der Suche nach einer Bar traf ich einen älteren Spanier, der mich sofort als Deutschen erkannte und sehr gut Deutsch sprach. Er hatte viele Jahre in Deutschland gearbeitet und war mit dem Eintritt ins Rentenalter wieder in seine Heimat zurückgekehrt. Er erzählte mir, dass seine Kinder noch heute in Deutschland lebten, gleichzeitig lief er mit mir mit, er  wollte mir die Restauration unbedingt persönlich zeigen. Draußen vor der Bar traf ich auf ein paar deutsche Pilger, deren Ziel auch Tábara war. Eine Pilgerin wies mich wohlwissend, dass ich Tábara mit dem Rad wohl schneller erreichen würde als sie, darauf hin, dass ich ihnen den Schlafplatz nicht wegnehmen dürfte. Fußpilger hätten in einer Herberge Vorrang vor Radpilgern. Woher diese Angst kam, wusste ich nicht, ich ignorierte die Äußerung und machte mich etwas später wieder auf den Weg.

Eine halbe Stunde später, es war erst 14:00 Uhr, erreichte ich den Ortseingang von Tábara und sah ein Hinweisschild zum Hostal „El Roble“ und zur Pilgerherberge. Die Pilgerherberge lag etwas außerhalb des Ortes, deshalb wählte ich das im Zentrum gelegene Hostal. Die Entscheidung hatte Folgen! Als ich das Hostal betrat, blickte ich in das  Gesicht von Gerhard Skora, dem Frühstücksspender von Zamora. Gerhard war ein Stück des Pilgerweges gelaufen und einen Teil der Strecke mit dem Bus gefahren. Er lief so viel, wie es sein gesundheitlicher Zustand zuließ, den Rest fuhr er mit dem Bus.

An dem Abend hatten Gerhard und ich viel Spaß. Als sich zum Abendessen noch zwei niederländische Journalistinnen (Annie und Tosca) zu uns gesellten, kamen wir alle aus dem Erzählen nicht mehr heraus. Sie waren zu Fuß in Granada gestartet, liefen jeden Tag im Schnitt 15 km und berichteten quasi täglich Life über Twitter in den Blog einer niederländischen Zeitung (wildwifeadventures.nl).

 


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 11.Tag: Die Fahrt von Tabara nach Mombuey

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
06.06.2011 60 797 500 7280 Pilgerherberge

 

Als ich nach einem relativ langen Schlaf morgens feststellte, das Tosca, Anita und Gerhard noch nicht fort waren, war erst einmal ein Fototermin fällig. Wir verabschiedeten uns danach herzlich, zu dem Zeitpunkt wusste ich ja noch nicht, dass ich Gerhard einen Tag später nochmals per Zufall  wieder sah. Die ersten Tageskilometer radelte ich auf asphaltierter Strecke nach Pueblica de Valverde. Das war zwar ein kleiner Umweg, würde mich aber trotzdem erheblich schneller als auf der Piste nach Bercianos de Valverde bringen. Hinter Santa Maria de Valverde ging es dann wieder auf den Originalpilgerweg. Auf dem Teilstück überholte ich einige der deutschen Pilger,  die ich am Vortag kurz vor Tábara kennengelernt hatte. Sie hatten sich schon darüber gewundert, mich in der Pilgerherberge nicht zu sehen. 

Auf dem weiteren Weg durchquerte ich die winzigen Orte Melgar de Tera, Pumarejo de Tera und Calzadilla de Terre, bis ich hinter Olleros de Terra auf eine Kirche traf. Sie stand alleine in der Natur, kein Haus war weit und breit zu sehen. Gegenüber der Kirche gab es noch ein kleines Haus  mit zwei Sitzbänken davor, ansonsten nichts. Die Kirche war leider abgeschlossen, aus dem Grund machte ich mich nach ein paar Fotos wieder auf den Weg. Hinter der Staumauer des Rio Tera (Embalse Nuestra Sra. Del Argavanzal) hatte ich zunächst Bedenken auf das am See langführende schmale Sträßchen zu schwenken, die Entscheidung dort doch lang zu fahren war aber genau richtig. Ich radelte am See entlang durch eine wunderschöne Natur.

Hinter dem kleinen Ort Villar de Farfón hatte ich ein wenig Glück. Dort gab es ein Gehöft, das gerade zu einer Herberge ausgebaut wurde. Dort traf ich auf drei deutsche Pilger, von denen einer bereits von zu Hause aus  über 2800 km nach Santiago gelaufen war.  Als es dort ein wenig zu regnen begann, nutzten wir die Gelegenheit,  uns unterzustellen und gemeinsam einen Cafe zu trinken. Wir unterhielten uns einige Zeit miteinander und schauten zwischendurch  immer mal wieder zum Himmel. Als die Wetterlage sich etwas stabilisierte, machten wir uns wieder auf den Weg. Die Strecke von Villar de Farfón bis nach Rionegro del Puente führte, bedingt durch den Regen, teilweise durch matschige Wiesen. Ich hatte Zeit, lies es langsam gehen, einen Sturz wollte ich nicht riskieren.

Kaum in Rionegro del Puente angekommen, fing es wieder an zu regnen. Ich rettete mich in eine Telefonzelle, wartete die kurze Zeit bis zum Aussetzen des Regens ab. Um zügig nach Mombuey zu gelangen, wählte ich für die restlichen Tageskilometer die N-525.

Bei der Ankunft an der Pilgerherberge in Mombuey war diese fast vollständig belegt. Fünf Deutsche und ein paar Spanier tummelten sich in dem relativ kleinen Raum. Das Inventar war alt. Die Stahlbetten mit den durchhängenden Matratzen luden nicht gerade zum Verweilen ein, mir war es in dem Moment aber egal. Am Himmel sah es weiterhin nicht besonders gut aus, die Alternative bestand in einer weiteren Regenfahrt. Als ich merkte, dass es sich bei den fünf Deutschen um recht nette Gesellen handelte, blieb ich dort.

Da es in dem kleinen Ort wenig zu sehen gab, verbrachten ich den Abend zunächst mit den fünf Deutschen in einer nahe gelegenen Bar. Später gesellten sich noch Roland  und seine spanische Arbeitskollegin hinzu.  Die beiden arbeiteten im Verwaltungsbereich der Universität Düsseldorf und waren gemeinsam auf dem Weg. Im angrenzenden Speisesaal bestellten wir uns etwas später ein Tagesmenü und waren angenehm überrascht. Für 9 Euro erhielten wir eine Suppe, ein Stück Fleisch mit Pommes Frites und dazu eine Flasche Wein. Leben wie Gott in Spanien?

 


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 12.Tag: Puebla de Sanabria und die belegte Pilgerherberge in Lubian

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
07.06.2011 62 859 800 8080 Hostal Arume

 

Bis auf Roland und seine spanische Arbeitskollegin hatten sich alle Pilger bereits auf den Weg gemacht, als ich mein Rad auf die N-525 lenkte und nach Westen rollte. Es regnete zwar nicht, die Luft war aber noch feucht. Wenige Kilometer hinter Mombuey schwenkte ich nach Süden, um auf den Originalpilgerweg zu gelangen, musste aber feststellen, dass das nach dem nächtlichen Dauerregen eine Fehlentscheidung war. Der Boden war zu sehr aufgeweicht, um auf den Pisten zu radeln.

In dem an der N-525 gelegenen kleinen Ort Asturianos traf ich noch drei der deutschen Pilger wieder, die mit mir in Mombuey übernachtet hatten, danach war ich auf der N-525 allein. Kurz vor dem Mittag erreichte ich den auf einem Hügel liegenden Ort Puebla de Sanabria. Im Ort führt eine Straße steil bergan in Richtung Castillo de los Condes de Benavente. Die Iglesia de Nuestra Senora del Azogue befindet sich in unmittelbarer Nähe. Die Burg und die Kirche sind die wesentlichen Sehenswürdigkeiten des Ortes. Hat man sich einmal den Berg hinauf gekämpft, kann man oben eine wenig durch die Straßen wandeln.

Wieder im unteren Ortsteil an der Za-925 angekommen, suchte ich mir zunächst einen Geldautomat, um mich wieder mit Bargeld zu versorgen, aß ein paar Tapas in einem an der Straße gelegenen Restaurant und machte mich dann wieder auf den Weg.Vor dem kleinen Ort Requejo musste ich mich an einem Bauernhof kurz einmal unterstellen und einen Regen abwarten, danach fuhr ich direkt in den Ort. Im Ortszentrum lief ich in eine Bar und staunte nicht schlecht. Dort saß Gerhard Skora beim Essen und grinste vor sich hin als er mich sah. Wir hatten uns zum zweiten Mal per Zufall getroffen. Wir aßen gemeinsam eine Kleinigkeit, machten uns dann aber jeder auf seinen Weg. Wir waren überzeugt davon, dass wir uns nicht voneinander verabschieden mussten. Wir würden uns ja wohl ohnehin wiedertreffen.

Kurz hinter Puebla de Sanabria beginnt der Anstieg zum Pardonelo Pass. Bei akzeptabler Steigung führt die Straße dort parallel zur Autobahn bis auf eine Höhe von 1330 m hinauf. Wenige Meter hinter dem Pass befindet sich der gleichnamige kleine Ort Pardonelo. Ich ließ das Rad einfach bergab rollen und bog dann gut einen Kilometer weiter rechts ab. Die kleine Straße Carretera a Aciveros bringt einen dann in vielen kleinen Schleifen direkt nach Lubian.

Der Weg zur Pilgerherberge war nicht gut ausgeschildert, dank GPS war die fehlende Ausschilderung aber kein Problem. Ich hatte mein Rad noch nicht in den Ständer gestellt, als ich vor der Herberge ohne direkt angesprochen zu werden aus einer Pilgerschar in etwas schnippigem Ton den Satz vernahm: „ Wir sind aber schon voll belegt“. Ich ignorierte den Satz und lief einfach hinein. Die Frau wusste ja nicht, dass ich zur Not eine Thermarest-Matte und Schlafsack mit mir führte. Zur Not hätte ich mich auch in den Aufenthaltsraum gelegt.

Zum Glück kam alles anders. Meine Entscheidung, mich erst noch einmal im Ort umzusehen, war genau richtig. Die Bar „Arume“ lag zentral im Ort und war gleichzeitig Habitaciones. Dort bekam ich ein erstklassiges Zimmer für gut 20 Euro. In unmittelbarer Nähe gab es auch einen Supermarkt.

 


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 13.Tag: Die wunderschöne Strecke nach Vilar de Barrio

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
08.06.2011 83 942 1320 9400 Pilgerherberge

 

Das Wort Service schien man an dem Morgen in meiner Habitaciones nicht zu kennen. War das Zimmer auch von hervorragender Qualität gewesen, ein Frühstück gab es nicht. Das einzige, was ich von dem jungen Mann an der Bar bekommen konnte, war ein Cafe. Besser als nichts dachte ich, setzt mich danach aber bereits um 08:15 Uhr aufs Rad. So früh zu starten konnte nicht schlecht sein, zumal 81 km auf dem Programm standen und es in Galicien durchaus hügeliger zuging, als auf meiner bisherigen Strecke.

Die N-525 verläuft dort parallel zur Autobahn über 250 Höhenmeter hinauf zum Canda Pass. Der Canda Pass ist eigentlich kein richtiger Pass, eher ein Scheiteltunnel, durch den die Nationalstraße in getrennten Röhren parallel zur Autobahn durch den Berg getrieben wurde. Immerhin führte die Straße aber bis auf eine Höhe von 1230 m NN hinauf. Mit der Fahrt durch den Scheiteltunnel hatte ich Kastilien/Leon verlassen und die Grenze nach Galicien überquert.

Die Abfahrt machte zwar reichlich Spaß, war aber nur wenige Kilometer lang. Vor dem Ort A Gudina musste ich noch einmal knapp 150 Höhenmeter zum Alto do Canizo (1085 m) hinauf, erst dann ging es in schnellem Tempo ins Ortszentrum von A Gudina. In A Gudina haben Pilger die Wahl zwischen zwei Wegvarianten. Der eine führt über Verin, der andere über Laza. Ich wählte den Weg über Laza, weil der in vielen Reiseführern als der schönere beschrieben wurde. Bevor ich den Weg nach Laza in Angriff nahm, gab es in einer Bar zunächst das versäumte Frühstück.

195,953 km war ich also noch von meinem Ziel Santiago de Compostela entfernt, auf drei Stellen nach dem Komma genau, die spanischen Vermesser mussten es wohl wissen. Was man vor A Gudine nicht erahnen konnte, war die Tatsache, dass die Strecke hinter dem Ort über 35 km zum Traum wird. Die ersten 25 Kilometer auf welligem  Terrain unterwegs, verliert die Straße nie mehr als 100 Höhenmeter, steigt dafür aber auch schon mal um denselben Wert an. Man fährt deshalb auf diesem Teilstück wie auf einem Scheitelkamm, hat unterwegs wunderschöne Ausblicke tief ins Tal, bevor es 10 km vor Laza über mehr als 500 Höhenmeter steil bergab geht. Nachstehend mal ein paar Fotos von dem ersten ca. 25 km langen Teilstück.

Am Kreuz hinter dem Ort Campobecerros hatte ich ungefähr den höchsten Punkt erreicht. Von dort führte der Weg nicht mehr auf Asphalt sondern auf einer Piste über 5 km bergab. Bis nach Laza waren es von dort zwar 10 km, mit dem Erreichen einer kleinen Häuseransammlung hatte man aber wieder Asphalt unter den Rädern, insofern war die Abfahrt auch mit einem Trekkingrad nicht so schlimm. In Laza hatte ich dann etwas Glück. Als ich auf den kleinen Supermarkt zurollte, wollte die Verkäuferin den Laden gerade schließen, sie ließ mich aber freundlicherweise noch rein, um meine Einkäufe zu tätigen. Viel hatte ich an dem Tag, mal abgesehen von dem Frühstück in A Gudina auch noch nicht gegessen. Etwas weiter in Richtung Ortsausgang gab es eine Bank, dort war dann die Pause fällig.

Gut 60 Tageskilometer waren an dem Tag bis Laza bereits geschafft. Bis zum Zielort Vilar de Barrio fehlten noch 21 km, 13 km gingen bergauf, der Rest bergab. Der Anstieg über ca. 500 Höhenmeter war auf der unbefahrenen asphaltierten Straße überhaupt kein Problem. Der Höhenmesser zeigte alle 15 Minuten 100 Höhenmeter mehr an, ich kam also zügig voran. In dem kleinen Ort Albergueria stand ich dann plötzlich vor der in vielen Reiseführern erwähnten Bar „Rincon del Peregrino“. Rincon de Peregrino heißt übersetzt wohl so viel wie „Pilgereck“, halt ein Punkt, an dem sich Pilger treffen. Die besondere Attraktion der Bar sind aber die vielen Jakobsmuscheln, mit denen die Wände dekoriert sind. Seit Jahren werden die vorbeiziehenden Pilger dazu aufgefordert, ihren Namen auf einer Muschel zu hinterlassen. Ja und so sieht es dann nach Jahren in der Bar und inzwischen auch in den angrenzenden Räumen aus. Ich trank dort noch eine Cola, radelte dann die letzten 50 Höhenmeter hinauf, um direkt danach die Abfahrt zu genießen. Der Zielort Vilar de Barrio lag 300 Höhenmeter tiefer, mein Tagespensum hatte ich quasi schon geschafft.

Die Pilgerherberge war von guter Qualität. Sie befindet sich direkt an der Straße und ist eigentlich nicht zu übersehen. Ich wurde dort von der spanischen Hospitelera herzlich begrüßt, bezahlte die 5 Euro und erhielt danach den Stempel in meinen Credential. In der Herberge gab es zwei Räume mit je 12 Betten. Als  ich den Raum für die männlichen Pilger betrat, war er leer, ich war mal wieder der einzige Gast. In der ganzen Herberge gab es damit drei Pilger, eine Kanadierin, eine Schweizerin und mich. Im Ort fand ich nach einigem Suchen noch einen Supermarkt, ein Restaurant hatte ich nicht gesehen. Nach ein paar Einkäufen und einem Kurzbesuch im Ort verbrachte ich den Abend in der Pilgerherberge.

 


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 14.Tag: Auf alten Pilgerpfaden über Ourense nach Cea

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
09.06.2011 61 1003 800 10200 Pilgerherberge

 

Die beiden Damen waren bereits fort, als ich meine Sachen packte und mein Frühstück bereitete. Ich hatte die Herberge für mich allein. Nach meinem frühen Start bewegte ich mich fast nur auf befestigten Wegen, durchradelte einige kleine Örtchen und fotografierte einige der für Galizien so typischen Maisspeicher. Die aus Granit gebauten Hórreos sieht man dort fast überall in der Region. Sie besitzen eine längliche Form und Schlitze, so dass die Maiskolben vom Wind gut trocknen können. Waagerechte Steinplatten auf den Stützen verhindern, dass Mäuse daran hochklettern und sich an den Kolben gütlich tun.

In Xunqueira de Amibia herrschte absolute Morgenruhe,nur ein kleiner Supermarkt hatte bereits geöffnet. Neben der Kirche gab es wohl so etwas wie eine Gemeindeverwaltung (Gebäude mit Flagge). In dem Gebäude  lief ich die Stufen in die erste Etage hinauf. Im ersten Büro waren alle beschäftigt und nahmen mich, da sie in ihrer Unterhaltung vertieft waren, überhaupt nicht wahr, im zweiten traf ich dann wohl auf den Chef. Der drückte mir ohne Kommentar einen Stempel in den Pilgerausweis.

Nach ein paar Einkäufen in einem kleinen Supermarkt machte ich mich auf den weiteren Weg nach Ourense. Mit Ausnahme eines kleineren Anstiegs führten die kleinen Nebenstraßen auf denen ich unterwegs war fast nur bergab. Über 400 Höhenmeter ging es auf der 23 km langen Strecke ins Tal. Vor Ourense führte die Via noch durch ein unansehnliches Gewerbegebiet, danach ging es über die Avenida de Zamora in den Ort.

Der Name der Stadt wird heute fast nur noch mit dem galicischen „Ou“ geschrieben. Die spanische Schreibweise mit „O“ wird offiziell heute wohl  nicht mehr verwand. Der Name „Ourense“ ist wohl auf Goldfunde an den Ufern des Mino zurückzuführen. Die Römer gaben der Stadt damals den Namen „La Ciudad de oro“, was wohl so viel bedeutet wie „Stadt des Goldes“. Ourense hat wie viele andere Städte Galiciens einen sehr alten Stadtkern mit kleinen Gassen, antiken Häusern und grünen Parks drum herum. Beim Verlassen der Stadt trifft man, dem Pilgerweg nach Norden folgend, auf das Südufer des Mino.  Die romanische Brücke, die die Pilger noch heute sicher über den Fluss geleitet, wurde bereits unter der Herrschaft des Trajano erbaut. Über die Brücke würde ich die Stadt etwas später verlassen, zunächst schob ich mein Rad aber durch den Ort, machte ein paar Fotos  und trank einen Kaffee.

Von der alten Brücke hat man eine herrliche Sicht über den Fluß Mino und die umliegenden Hügel.  Im Westen erblickt man die relativ neue Millenium-Brücke, die am 01. September 2001 eingeweiht wurde. Durch ihre außergewöhnliche Form in Gestalt einer Möwe ist sie ein Blickfang, der kaum zu übersehen war. Bedeutende Merkmale der Brücke sind ihre Länge von 275 m, die beachtliche Breite von 23 m und die Verstrebungs- und Spannsysteme.

Auf dem weiteren Weg nach Cea führte die Straße hinter Ourense zunächst gnadenlos bergauf. Auf einem kurzen Stück vor dem Ortsausgang war radeln unmöglich, selbst das Schieben des bepackten Rades fiel schwer. Von kürzeren Strecken abgesehen blieb ich bis zu meinem Tagesziel Cea weitestgehend auf dem Originalpilgerweg. Manche Steigung brachte mich dabei reichlich ins Schwitzen.

Sehenswert war auf den restlichen Kilometern noch eine sichtlich sehr alte Brücke, die über einen kleinen Bach führte. Ich fühlte mich in eine Zeit vor mehreren hundert Jahren zurückversetzt. Verstärkt wurde dieses Gefühl durch ein angrenzendes verlassenes Gehöft und der absoluten Ruhe, die ich dort antraf.

Die Pilgerherberge in Cea war kaum zu übersehen. Sie ist in einem alten Granitgebäude untergebracht, vor dem ein großer Getreidespeicher steht. Der Schlafsaal mit 40 Betten befindet sich im ersten Stock, darunter ein großer Aufenthaltsraum und eine Küche. Bei meiner Ankunft war die Hälfte der Betten belegt. Einige Pilger dösten vor sich hin, andere schliefen wohl fest vor Erschöpfung. Auf „leisen Sohlen“ fand ich ein freies Bett direkt an der Ausgangstür zur Terrasse. Am späten Nachmittag lief ich ein wenig durch den Ort, kaufte ein paar Lebensmittel und machte mich wieder auf den Weg zurück. Den Abend verbrachte ich mit anderen Pilgern auf der Terrasse der Herberge.

 


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 15.Tag: Das Kloster von Oseira, mein Ziel San Pedro de Vilanova

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
10.06.2011 84 1087 1250 11450 Pilgerherberge

 

An dem Morgen saß ich bereits um 07:30 Uhr auf dem Rad. Tags zuvor hatte ich die 1.000 km-Marke überschritten. Bis Santiago de Compostela waren es nur noch knapp 100 km, meine Reise damit leider fast schon zu Ende. Mein erstes Tagesziel war das Kloster Oseira, ein vollständig abgelegenes riesiges Zisterzienserkloster, dass von Cea aus mit dem Rad nicht so leicht zu erreichen war. Kurz hinter dem Ort ließ sich die Strecke noch gut befahren, der Wirtschaftsweg war befestigt und halbwegs eben. Ein paar Kilometer weiter traf ich dann auf einen alten Weg, auf dem Radeln  absolut unmöglich war. Teilweise waren Karrenspuren in den flachen Steinen zu erkennen, was schon mittelalterlich anmutete.

Persönlich fand ich das große aus dem 12.Jahrhundert stammende Kloster schon von außen sehr eindrucksvoll.  Für eine Besichtigung war es jedoch noch zu früh. Vor dem Kloster hatte ich an dem frühen Morgen noch ein nettes Erlebnis mit einer älteren Dame. Sie war gerade dabei, vor ihrer Bar einige Tische und Stühle nach draußen zu tragen. Spontan nahm ich ihr die übereinander gestapelten Stühle ab und trug sie nach draußen. Von dem was sie mir sagte verstand ich kein einziges Wort, das Lächeln im Gesicht sagte mir aber alles. Klar, dass es dann nicht lange dauerte, bis ich einen heißen Kaffee bekam.

Hinter dem Kloster führte der Weg über ca. 180 Höhenmeter steil bergauf. War ich noch am frühen Morgen durch Wälder geradelt, verlief er nun durch offene Wiesen und Felder. Nur hin und wieder traf ich auf kleinere Gehöfte oder Häuseransammlungen.  War ich der Meinung den höchsten Punkt erreicht zu haben, führte der Weg mit Sicherheit bergab, aber nur um nach wenigen Metern noch höher anzusteigen. Ich war also auf ziemlich welligem Terrain unterwegs.

Wieder auf der N-525 unterwegs, ging es zügiger voran. Ein kurzer Anstieg noch bis zum Alto de San Martino (818 m), dann verlief die Straße tendenziell fast nur bergab. In den Orten Lalin und Silleda hielt ich mich nur kurz auf, weil ich mich Santiago noch weiter nähern wollte, es gab in den Orten auch relativ wenig zu sehen. Die für den nächsten Tag geplante Etappe sollte möglichst kurz ausfallen, damit ich rechtzeitig zur um 12:00 Uhr stattfindenden Pilgermesse erscheinen konnte.

Auf den restlichen Kilometern bis zur Herberge in San Pedro de Vilanova wechselte ich immer mal wieder auf den Originalpilgerweg. Mit Erstaunen nahm ich dabei wahr, wie schnell man von der Neuzeit (Nationalstraße) scheinbar in ein anderes Jahrhundert eintauchen konnte.

Stimmen mehrerer deutscher Jugendlicher vernahm ich draußen bei der Ankunft in San Pedro de Villanova. Die Herberge befand sich nicht in einem Ort, sondern weit außerhalb, natürlich auf einem schweißtreibenden Hügel. Eine Schülergruppe einschließlich betreuender Lehrerin (aus Göttingen) hatte sich über knapp 200 km auf den Weg gemacht, nach Santiago zu laufen. Sie schliefen nicht in der Herberge, sondern in Zelten, nahmen also den ankommenden Pilgern keine Schlafplätze weg.

In der unmittelbaren Umgebung der Herberge gab es keine Einkaufsmöglichkeit. Mir blieb also nichts übrig, als mich nochmals in den Sattel zu schwingen, um mein Abendbrot zu sichern. Bei der Tour kamen dann auf der Suche nach einem Supermarkt nochmal 9 km zusammen.

 


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 16.Tag: Die letzten Kilometer bis Santiago de Compostela

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
11.06.2011 17 1104 250 11700 Hostal "25 de Julio"

 

Ein komisches Gefühl machte sich morgens breit. Die Begeisterung über die Erlebnisse der vergangenen Tage vermischte sich mit etwas Wehmut darüber, dass die Tour an dem Tag zu Ende ging. Bis Santiago de Compostela waren nur noch 17 km zu radeln.  Ein winziges Stück, wenn man bedenkt, welche Strecke bereits hinter mir lag. Die letzten Kilometer der Tour bewegte ich mich auf dem Pilgerweg. Der führte zu Beginn durch große Eukalyptus Wälder, danach durch eine relativ menschenarme Natur. Erst mit dem Erreichen des Vorortes Pineiro wurde es lebhafter, mein Ziel war quasi im Visier.

Beim ersten noch fernen Anblick auf die Kathedrale von Santiago de Compostela war ich etwas gerührt. Noch vor zwei Jahren war ich gemeinsam mit meiner Frau hier gewesen. Wir waren damals von Lissabon aus nach Santiago de Compostela geradelt, nun war ich zwar alleine unterwegs, aber wieder hier. Dankbar war ich, die gesamte Strecke ohne Stürze oder sonstige Blessuren überstanden zu haben, was konnte auf so einer langen Strecke über 1.104 km nicht alles geschehen.

In unmittelbarer Nähe der Kathedrale hatten wir von zu Hause aus eine Nacht im Hotel „25 de Julio“ vorgebucht. Meine Frau wollte ich am Nachmittag vom Flughafen in Santiago abholen. Dort beabsichtigten wir einen Mietwagen zu nehmen, um noch eine Woche gemeinsam mit dem Auto durch Galicien zu touren. Bei meiner Ankunft radelte ich kurz am Hotel vorbei, machte mich dann aber direkt auf den Weg zur Kathedrale. Ankunftsfotos mit Rad waren das absolute Muss nach einer so langen Reise. Klar, dass ich auch in die Pilgermesse ging.

Ich verbrachte mit meiner Frau einen wunderschönen Abend in der Altstadt von Santiago de Compostela. Wir hatten einander ja viel zu erzählen. Als wir durch die Gassen liefen, staunte ich nicht schlecht, vor uns lief Gerhard Skora. Hunderte von Pilger bewegten sich durch den Ort, nie hatte ich ein bekanntes Gesicht gesehen. Bereits zweimal hatten wir uns unterwegs, seit unserem Kennenlernen in Zamora, rein zufällig getroffen. Wie selten gab es wohl so einen Zufall?

 

 


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